
Nimbus NI 5646
1 CD • 70min • 1999
01.04.2001
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Kein Geringerer als Arnold Schönberg betrachtete seinen Kollegen Karl Weigl als "einen der besten Komponisten der alten Generation und einen derer, die die glanzvolle Wiener Tradition weiterführen". Weigl, 1881 als Sohn einer jüdischen Familie in Wien geboren, kam früh in Kontakt mit der Musik, studierte später Musikwissenschaft bei Guido Adler und Komposition bei Robert Fuchs. Gustav Mahler engagierte ihn als Solokorrepetitor an die Wiener Staatsoper und 1918 ernannte ihn das Neue Wiener Konservatorium zum Professor. 1929 schließlich trat er die Nachfolge Hans Gáls an der Wiener Universität an. Als Komponist und Pädagoge genoß Weigl seinerzeit höchsten Respekt, und sein mehrfach preisgekröntes kompositorisches Schaffen machte die musikalischen Größen der Epoche auf sich aufmerksam. Zu seinen Interpreten zählten etwa Wilhelm Furtwängler, George Szell, die Wiener Philharmoniker und das Kolisch-Quartett. 1938 gelang Weigl die Flucht vor den Nationalsozialisten in die USA, wo er an mehreren renommierten Musikinstituten lehrte, bis er 1949 nach längerer schwerer Krankheit in New York verstarb.
In den letzten Jahren wurde der Schallplattenmarkt von Veröffentlichungen "verfemter" Musik (meist jüdischer Komponisten) geradezu überschwemmt. Doch längst nicht alles, was unter diesem Etikett verkauft wurde, verdiente wirklich aus musikalischen Gründen eine Wiederbelebung. Karl Weigls Musik war für mich eine große und unerwartete Überraschung. Die beiden eingespielten Quartette entstanden 1904 bzw. 1933 und suchen qualitativ ihresgleichen. Sie sind Juwelen spätromantischer Kammermusik, in der jeder Ton von ureigener Inspiration beseelt ist: berührend in ihrer schwelgerischen Melancholie voll zauberhafter Verinnerlichung, ebenso aber auch glänzend, bacchantisch und augenzwinkernd. Man kann die Interpretation des Wiener Artis-Quartetts nur als genial bezeichnen. Das Ensemble spielt engagiert, mit großem künstlerischem Ernst, klanglich stets klug disponierend. Es ist phänomenal, wie die vier Musiker die lichten, häufig zerbrechlichen Klänge Weigls umsetzen. Diese Aufnahme ist sicherlich ein bedeutender Markstein auf dem Weg, Karl Weigls Musik wieder in den Konzertsälen der Welt zu etablieren.
Die Aufnahmetechnik ist ebenso vorbildlich wie das hervorragende, sehr ausführliche Textheft. Man kann das Label und vor allem die Interpreten zu dieser absolut herausragenden Produktion nur herzlich beglückwünschen!
Markus Zahnhausen † [01.04.2001]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Karl Ignaz Weigl | ||
1 | Streichquartett Nr. 1 c-Moll op. 20 (1904) | |
2 | Streichquartett Nr. 5 G-Dur op. 31 (1933) |
Interpreten der Einspielung
- Artis Quartett Wien (Streichquartett)