Der Komponist, Dirigent und Dozent Hans Zender ist am 23. Oktober 2019 nach längerer Krankheit im Alter von 82 Jahren in seinem Wohnort Meersburg am Bodensee verstorben. Mit ihm verliert die Neue Musik einen ihrer markantesten und vielseitigsten Köpfe. Als Komponist war Zender bei aller ästhetischen Stringenz ein erfolgreich Suchender auf dem schmalen Grat zwischen Tradition und Fortschritt. Werke wie das Oratorium Shir Hashirim, die Oper Don Quijote de la Mancha und die komponierte Interpretation Schuberts Winterreise sind große Wegmarken im aktuellen Diskurs. Hans Zender absolvierte an den Musikhochschulen in Frankfurt und Freiburg Meisterklassen in den Fächern Komposition, Klavier und Dirigieren. Schon zu Studienzeiten arbeitete er als Kapellmeister an den Städtischen Bühnen Freiburg und wurde bereits im Alter von 27 Jahren Chefdirigent der Oper Bonn (1964–1968). Von 1969 bis 1972 war er Generalmusikdirektor in Kiel, 1971 bis 1984 Chefdirigent des Rundfunk-Sinfonieorchesters Saarbrücken und von 1984 bis 1987 Generalmusikdirektor der Staatsoper Hamburg und von 1984 bis 1986 Generalmusikdirektor des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg. Danach war er Chefdirigent des Radio Kamer Orkest des Niederländischen Rundfunks (heute Radio Kamer Filharmonie) und Erster Gastdirigent der Opéra National, Brüssel, sowie von 1999 bis 2010 ständiger Gastdirigent des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg. Von 1988 bis 2000 war Zender Professor für Komposition an der Frankfurter Musikhochschule. 2004 gründete das Ehepaar Zender die „Hans und Gertrud Zender-Stiftung.“ Diese vergibt in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, der Musica Viva München und BR Klassik des Bayerischen Rundfunks seit 2011 alle zwei Jahre Preise, die der Förderung und Unterstützung der Neuen Musik dienen sollen. 2005/06 war er Composer-in-residence des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin und Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Er war Mitglied der Freien Akademie der Künste in Hamburg, der Akademie der Künste Berlin und der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.
Tabellarische Biographie
22.11.1936 | geboren in Wiesbaden. |
1956-1959 | Studium an der Musikhochschule Frankfurt am Main. |
1959-1963 | Studium an der Musikhochschule Freiburg im Breisgau. |
1963-1964 | Stipendiat der Villa Massimo, Rom. |
1964-1968 | Erster Kapellmeister in Bonn. |
1969-1972 | GMD in Kiel. |
1972-1984 | Chefdirigent des Symphonieorchesters des Saarländischen Rundfunks. |
1979-1984 | Komposition der Oper Stephen Climax. |
1984-1986 | GMD an der Hamburgischen Staatsoper. |
ab 1988 | Professur für Komposition an der Musikhochschule Frankfurt am Main. |
1989-1991 | Komposition der Oper Don Quijote de la Mancha. |
1993 | UA der Oper Don Quijote de la Mancha am 3.10.1993 in Stuttgart. |
1997 | Verleihung des Frankfurter Musikpreises. Goethepreis der Stadt Frankfurt. |
ab 1999 | Ständiger Gastdirigent und Mitglied der künstlerischen Leitung des SWF-Sinfonieorcheters |
2001 | Aufführung von Shir Hashirim für Soli, Chor, Live-Elektronik und großes Orchester bei den Salzburger Festspielen und bei den Berliner Festwochen. |
2005 | Uraufführung der Oper Chief Joseph an der Deutschen Staatsoper Unter den Linden (Inszenierung: Peter Mussbach, musikalische Leitung: Johannes Kalitzke). Das Werk handelt vom Widerstand der Indianerstämme gegen die Vertreibung aus ihrem angestammten Land und die Ungleichbehandlung durch die weißen Amerikaner. Häuptling "Chief Joseph" hielt 1879 eine Rede vor Kongressmitgliedern, in Washington, in der er eindringlich um Freiheit für sein Volk bat. In den drei Akten der Oper kommt neben fiktiver auch historisch verbürgte Handlung vor, die Thematik ist heute ebenso aktuell wie damals: Verantwortung gegenüber der Umwelt, Profitstreben versus Spiritualismus, Machtstreben versus Pazifismus etc. |
2006 | Am 22.11.2006 feiert Hans Zender seinen 70. Geburtstag. Das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg ehrt ihn mit enem Geburtstagskonzert am 26.11., das Sylvain Cambreling dirigiert. swr music/hänssler classics veröffentlicht eine CD mit Kompositionen von Hans Zender mit dem SWR Sinfonieorchester und Heinrich Schiff (Violoncello). |