Cécile Chaminade Piano Works
MDG 904 1871-6
1 CD/SACD stereo/surround • 78min • 2014
02.05.2015
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Über die französische Pianistin Cécile Chaminade (1857-1944), die auch um die 400 Stücke, vor allem Lieder und kleinere Werke für das Klavier solo geschrieben hat, urteilte das musikwissenschaftliche Lexikon „The New Grove“ in seiner Ausgabe von 1980 (wiedergegeben in eigener Übersetzung): „Abgesehen von dem echten Charme und der geschickten Ausarbeitung vieler von Chaminades Stücken reichen sie doch über den Rang von Salonmusik nicht hinaus“. Das sieht Dennis Hopp, der Autor des Begleittextes vorliegender Produktion von Klavierstücken Chaminades, anders: „Die tiefgründige Ausdruckskraft, der Melodienreichtum und die Eleganz ihrer Werke blieben dieser Sichtweise verborgen. In jüngerer Zeit setzte erneut eine Würdigung der zu Unrecht verkannten Komponistin ein“.
Wer hat nun recht? Hopp ist darin zuzustimmen, dass Chaminades Stücke, zumindest die hier versammelten, über einige Qualitäten verfügen. Auch ist das Anhören dieses Albums von Johann Blanchard, wenn es in kleineren Dosen genossen wird, durchaus gewinnbringend, vor allem, weil der junge Pianist, Schüler Matthias Kirschnereits, Karl Heinz Wills und Stefan Arnolds, den wunderbar trockenen Steinway von 1901 so klar und vornehm expressiv spielt und auch die Aufnahmetechnik von MDG ganze Arbeit geleistet hat. Sehr schön, wie Blanchard etwa das Andante aus der Sonate c-Moll träumerisch verschwimmen läßt.
Geht man nur von der hier sehr gut ausgewählten Musik aus, muß man Hopp aber widersprechen. Nicht so sehr der krasse Anachronismus ist das Problem – die Etüden opp. 124, 132 und 139 wurden zwischen 1906 und 1910 komponiert, sind in der motivischen, harmonischen und nicht zuletzt pianistischen Verarbeitung aber um 1840 stehengeblieben. Das eigentliche Problem ist, dass Chaminade in keinem der hier vorgestellten Stücke die melodische Eleganz, die Wildheit, die Kühnheit, Brillanz, vor allem aber die Komplexität solcher Komponisten wie Robert Schumann oder Frédéric Chopin erreicht. Deshalb muß Dennis Hopp auch in anderer Hinsicht widersprochen werden: Auf Johannes Brahms bezieht sich Chaminade nicht, sie bleibt hinter dessen avanciertem Komponieren zurück.
Nicht so sehr also wegen der Anachronismen, und schon gar nicht in Bezug auf die Tatsache, das hier eine Frau komponiert, muß man urteilen, dass Cécile Chaminade zumindest nach den hier vorgestellten Stücken bestenfalls eine Komponistin in er zweiten Reihe ist. Woher kommt nun der Widerspruch in der Bewertung? Man darf nicht vergessen, dass sich im Zuge der Gender-Theorie und nicht zuletzt des Feminismus´ starke Strömungen ergeben haben, deren Interesse es ist, weibliche Komponisten zu jenem Recht zu verhelfen, das ihnen vermeintlich jahrhundertelang verweigert wurde. Das ist generell löblich, für diese Produktion jedoch läßt sich resümieren: nette, aber nicht erstklassige Musik, hervorragend gespielt. Johann Blanchard möchte man bald mit Spitzenwerken des 19. oder auch 20. Jahrhunderts hören, möglichst wieder interpretiert auf diesem Steinway Concert Grand Piano.
Prof. Michael B. Weiß [02.05.2015]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Cécile Louise Chaminade | ||
1 | Klaviersonate c-Moll op. 21 | 00:19:47 |
4 | Etude symphonique op. 28 | 00:06:04 |
5 | Etudes de concert op. 35 | 00:24:33 |
10 | Etude mélodique op. 118 | 00:03:43 |
11 | Etude pathétique op. 124 | 00:04:20 |
12 | Etude romantique op. 132 | 00:07:07 |
13 | Etude humoristique op. 138 | 00:04:30 |
14 | Etude scolastique op. 139 | 00:05:18 |
15 | Souvenir d'enfance | 00:02:42 |
Interpreten der Einspielung
- Johann Blanchard (Klavier)