Am 8. April 2019 wäre der österreichische Bassbariton Walter Berry 90 Jahre alt geworden. Er gehörte viele Jahre zu den führenden Sängerpersönlichkeiten der Wiener Staatsoper und war auch als Liedsänger und später als Dozent erfolgreich. Sein Debüt erfolgte bereits 1950, als er einen Solo-Vertrag als Eleve an der Wiener Staatsoper erhielt. Bereits1954 erhielt er einen Dreijahresvertrag von Karl Böhm und erlebte einen großen Erfolg bei der Wiedereröffnung der Wiener Staatsoper als Wozzeck, eine seiner Paraderollen. Auch bei den Salzburger Festspielen war er jeden Sommer zu Gast und sang dort ab 1956 erfolgreich Mozart-Partien (Papageno, Leporello, Don Alfonso und Figaro). Sein USA-Debüt folgte 1957 an der Lyric Opera Chicago als Figaro, die Met eroberte er 1966 als Barak (Die Frau ohne Schatten). Der erfolgverwöhnte Berry erlebte aber auch Krisen: 1968 war er als Hans Sachs bei den Bayreuther Festspielen engagiert, fühlte sich aber in der ganzen Probezeit unwohl und war bis zur Generalprobe unsicher, ob er die Partie wirklich während der ganzen Vorstellungsserie würde singen können. Der Dirigent Karl Böhm wollte kein Risiko eingehen und verpflichtete kurzristig Theo Adam als Ersatz. Mit Herbert von Karajan kam es 1972 zum Bruch wegen Differenzen während der Proben zu Le Nozze di Figaro und José van Dam erhielt letztendlich die Rolle. Ab den 1980er Jahren sang Walter Berry Partien wie Don Pizarro (Fidelio), Falstaff, Gianni Schicchi, Alberich (Götterdämmerung), Fritz Kothner (Meistersinger), Wesener (Die Soldaten), Klingsor (Parsifal) und leitete bis 1997 eine Liedklasse an der Wiener Hochschule für Musik. Sein letzter Bühnenauftritt war die Rolle als Musiklehrer in Strauss' Ariadne an der Wiener Staatsoper und bei der Mozartwoche Salzburg als Sprecher in Mozarts Zauberflöte. Walter Berry starb überraschend am 27. Oktober 2000 im Alter von 71 Jahren an einem Herzinfarkt in Wien.
Tabellarische Biographie
8.4.1929 | geboren in Wien in ein musikalisch interessiertes Elternhaus. Bei den Kammermusikabenden der Familie lernte er die Werke von Schubert und Mozart kennen. Später sang er in verschiedenen Kirchenchören. |
1947 | Berry meldet sich an der Musikakademie an. Seine erste Rolle ist der Simon in Puccinis Gianni Schichi. |
1949 | Berry studiert Lied und Oratorium bei Erik Werba, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verbinden wird. Erst Opernerfahrug sammelt er in Hans Gabors Opernstudio. |
1950 | Vertrag als Solo-Eleve an der Wiener Staatsoper. |
1954 | Karl Böhm gibt ihm einen Dreijahresvertrag. |
1955 | Anlässlich der Wiedereröffnung der Wiener Staatsoper singt er die Titelpartie in Alban Bergs Bozzeck, die später eine seiner Glanzpartien werden sollte. |
1956 | Heirat mit Christa Ludwig. Das Ehepaar Ludwig-Berry wird vielfach von Herbert von Karajan besetzt (Fidelio, Capriccio, Die Frau ohne Schatten u.a.). Bei den Salzburger Festspielen tritt er von nun an regelmäßig auf und erlebt als Papageno in der Inszenierung von Heerbert Graf einen großen persönlichen Erfolg. |
1957 | USA-Debüt an der Lyric Opera von Chicago als Figaro (Le nozze di Figaro). |
1966 | Debüt an der Pariser Oper als Wozzeck unter der Leitung von Pierre Boulez und an der New Yorker Met als Barak in Die Frau ohne Schatten. |
1967 | Wotan bei den Salzburger Osterfestspielen unter der Leitung von Herbert von Karajan. |
1968 | Das Engagement als Hans Sachs in Bayreuth gerät zum Skadal: Berry singt zwar die Generalprobe, doch Karl Böhm hat Bedenken, dass er die Partie während der ganz Festspiele bewältigen würde und engagiert Theo Adam kurzfristig. Walter Berry verläßt Bayreuth noch vor der Premiere und gerät in eine Krise, da sein Selbstvertrauen erschüttert ist. |
1970 | Scheidung von Christa Ludwig. |
1973 | Bei den Proben zur Salzburger Festspielaufführung von Mozarts Le nozzi di Figaro kommt es zu Bruch mit Herbert von Karajan wegen verschiedener Auffassungen des Regiekonzepts von Jean-Pierre Ponnelle. Staat Berry singt José van Dam den Figaro. |
1975 | Wozzeck an der Oper Köln zum Beginn der Intendanz von Michael Hampe. |
1976 | Debüt als Barak an der Royal Opera Covent Garden London und als Alberich an der Oper San Francisco. An der Wiener Staatsoper holt ihn der damals neue Intendant Egon Seefehlner und bietet ihm vor allem Partien in Straussopern an. In Gottfried von Einems Kabale und Liebe singt er den Miller. |
1981 | Tod von Karl Böhm, der Walter Berrys Laufbahn gefördert und begleitet hatte. |
1989 | Letzter Auftritt bei den Salzburger Festspielen als Don Magnifico in Rossinis La Cenerentola. |
1990 | Kothner in Wagners Die Meistersinger von Nürnberg an der Wiener Staatsoper. |
1992 | In Capricio von Richard Strauss singt Berry den Theaterdirektor La Roche an der Wiener Staatsoper. |
1996 | Mit dem La Roche in Capriccio an der Wiener Staatsoper verabschiedet sich Berry von seinem Publikum. |
2000 | Auftritt als Sprecher in Mozarts Zauberflöte bei der Salzburger Mozartwoche. Am 27. Oktober stirbt Walter Berry unerwartet an einem Herzinfarkt. Sein künstlerisches Vermächtnis ist auf zahlreichen Tonträgern dokumentiert. |