RCA 74321 61820 2
2 CD • 2h 29min • 1998, 1999
01.03.2000
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Die Gratwanderung Robert Schumanns zwischen struktureller Klarheit und abgründiger Zerrissenheit ist in den Sinfonien dort am dramatischsten, wo das strukturell Wesentliche oft durch unfunktionelle Instrumentation verdeckt wird. Hier sollte der Dirigent auf der Herausarbeitung des Wichtigen bestehen und gegebenenfalls Modifikationen in der Dynamik vornehmen, wogegen die moderne Aufnahmetechnik manche im Konzertsaal notwendige Retusche hinfällig werden läßt. Christoph Eschenbach hat in der Hitze des Gefechts allzu oft kein waches Auge auf diese Verhältnisse, und so gerät die große Steigerung im Kopfsatz der zweiten Sinfonie recht lärmend im Blech, wirkt aber nicht zielgerichtet und daher letztlich nicht steigernd. Wichtige Kontrapunkte wie die Imitation kurz nach Beginn der Rheinischen werden erstickt. Eschenbachs Schumann-Auffassung ist Sturm-und-Drang, forciert und treibend. Da er aber kaum Entspannung vermittelt, läuft sich die Impulsivität schnell tot, und zum Ende fast aller Ecksätze peitscht Eschenbach die Musik vorwärts, was sich dann manchmal (Kopfsatz der ersten Sinfonie) nicht durchhalten läßt. Für die Dynamik der Gesamtform hat er wenig Sinn und behilft sich statt weitdisponierter Überleitungen mit kaum organischen Rubati, die er in weitgehend exakter Wiederholung zur Manier stilisiert und so auch in den langsamen Sätzen ständig Unruhe schürt (am extremsten im Adagio der Zweiten). Das Finale der zweiten Sinfonie teilt Eschenbach glatt entzwei, indem er das Abkadenzieren in C mit folgender Generalpause wie einen echten Schluß gestaltet. Wo er einerseits dem Blech zu wenig Diskretion abfordert, wenn die entscheidenden Noten Holzbläsern übertragen sind, entlockt er andererseits dem Blech nicht den großen, hymnischen Impetus, wo dies geboten wäre. Der Rhythmus schwingt nicht frei aus, sondern wirkt seltsam erzwungen und verkrampft, was auch einen gepreßten, engen Klang zur Folge hat. Eschenbach neigt im forte zu Brutalität, was sich besonders entstellend in martialisch dreinschlagenden Schlußakkorden äußert. Man sollte nicht so hochkarätige Darstellungen wie diejenigen Celibidaches oder Szells erwarten, aber doch mehr Sinn für den sinfonischen Zusammenhang und kultivierteren, besser ausbalancierten Klang im forte, welchen das Hamburger Orchester sicher verwirklichen könnte. Schumanns Ausdrucksspektrum ist viel reicher, insbesondere an Zwischentönen, als hier zu erfahren ist.
Christoph Schlüren [01.03.2000]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Robert Schumann | ||
1 | Sinfonie Nr. 1 B-Dur op. 38 (Frühlingssinfonie) | |
2 | Sinfonie Nr. 4 d-Moll op. 120 | |
3 | Die Braut von Messina op. 100 (Ouvertüre) | |
4 | Sinfonie Nr. 2 C-Dur op. 61 | |
5 | Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 97 (Rheinische) |