Richard Strauss
Lieder
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1 CD • 68min • 2021
03.08.2023
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Über 200 Lieder hat Richard Strauss im Laufe seines langen Komponistenlebens geschrieben, seine produktivste Phase in diesem Genre waren allerdings die 15 Jahre bis zur Jahrhundertwende, die in eine späte Blütezeit des Kunstlieds fallen. Da die Sängerin Pauline de Ahna, seit 1894 Ehefrau des Komponisten, Adressatin und Interpretin vieler dieser Lieder war, finden wir sie bis heute vor allem im Repertoire der Sopranistinnen. Seltener sind reine Strauss-Programme von tiefen Männerstimmen wie hier im vorliegenden Fall von dem Bariton Thomas Laske, der dieses Recital zusammen mit seiner Klavierpartnerin Verena Louis auch im Konzertsaal mit Erfolg präsentiert hat. Natürlich fehlen die allbekannten, auch als Zugaben beliebten „Zuckerln“ nicht wie Zueignung, Heimliche Aufforderung und Morgen!, den Schwerpunkt des Programms bilden jedoch die weniger populären Zyklen op. 29 nach Liebesgedichten von Otto Julius Bierbaum, 1895 zum 1. Hochzeitstag mit Pauline komponiert, sowie die Rückert-Lieder op. 46 und die Uhland-Lieder op. 47, die im musikalischen Stil eine Abkehr von der romantischen Tradition zeigen.
Ein künstlerischer Neubeginn
Im November 1898 begann Richard Strauss nach den Münchner Jahren in Berlin als Kapellmeister Unter den Linden künstlerisch einen neuen Lebensabschnitt. Sein Vertrag erlaubte ihm, mehr Zeit für sein Komponieren zu haben als in München und er wurde vor allem auf dem Gebiet des Liedes sehr aktiv. Neben der Arbeit an der Oper Feuersnot (es war erst seine zweite!) entstanden innerhalb des Jahres 1900 gleich drei Liedzyklen, und sie zeigen einen stilistisch neuen, man könnte sagen: „progressiveren“ Strauss, der sich wohl auch der Konkurrenz von Gustav Mahler und Hugo Wolf bewußt war. Gleichzeitig mit Mahler machte er sich an die Komposition von Liedern nach Friedrich Rückert, und wo Wolf in der Lyrik von Eduard Mörike ein reiches Betätigungsfeld fand, widmete sich Strauss einem anderen schwäbischen Dichter, nämlich Ludwig Uhland (1787-1862).
Eine Liebe zu Uhland
Die Wahl dieses längst verstorbenen Poeten, dessen Gedichte vor allem in seinen jungen Jahren entstanden, mag überraschen, aber er war sozusagen seit Kindesbeinen ein Lieblingsdichter von Richard Strauss. Schon als 7Jähriger hat er zwei Lieder nach seinen Texten geschrieben, die allerdings verschollen sind. Als reifer Komponist kam er mehrfach auf ihn zurück. Doch weder das Melodram Das Schloss am Meer (1899) noch die Kantate Taillefer (1903) hatten länger anhaltenden Erfolg. Auch das Lied Die Ulme zu Hirsau (op. 43/3) findet man nur selten in den Konzertprogrammen. Das gilt ebenfalls für den Zyklus 5 Lieder op. 47 im Ganzen, von dem nur der zweite Titel Des Dichters Abendgang immer wieder auftaucht. Mehr noch als bei den Rückert-Liedern fällt auf, dass Strauss die formal eigentlich sehr einfachen Gedichte Uhlands etwas verkünstelt, mit Chromatik und harmonischen Schönheitspflästerchen etwas aufhübscht und zum Bedeutsamen hin ausrichtet, was insbesondere bei der volkstümlichen Einkehr („Bei einem Wirte wundermild“) etwas irritiert, während er den Tonfall der heiteren Ballade Von den sieben Zechbrüdern vor allem in der sehr beschwingten und imaginativen Klavierbegleitung sehr gut trifft.
Seriöse Wiedergabe
Die EMI hat diese beiden Zyklen 1969 mit Dietrich Fischer-Dieskau und Gerald Moore in einer exemplarischen Interpretation herausgebracht, gesanglich geschmeidig und facettenreich, pianistisch unprätentiös und gelegentlich von spielerischer Leichtigkeit. Bei Thomas Laske und Verena Louis klingt das alles etwas schwerblütiger und im Ausdruck demonstrativer, doch gelingt ihnen eine insgesamt kompetente und seriöse Auslegung. In den genannten populären Nummern wird jede Gefühligkeit vermieden.
Ekkehard Pluta [03.08.2023]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Richard Strauss | ||
1 | Ein Obdach gegen Sturm und Regen op. 46 Nr. 1 | 00:02:26 |
2 | Gestern war ich Atlas op. 46 Nr. 2 | 00:03:43 |
3 | Die sieben Siegel op. 46 Nr. 3 | 00:02:27 |
4 | Morgenrot op. 46 Nr. 4 | 00:03:42 |
5 | Ich sehe wie in einem Spiegel op. 46 Nr. 5 | 00:06:10 |
6 | Auf ein Kind op. 47 Nr. 1 | 00:02:19 |
7 | Des Dichters Abendgang op. 47 Nr. 2 | 00:05:15 |
8 | Rückleben op. 47 Nr. 3 | 00:05:24 |
9 | Einkehr op. 47 Nr. 4 | 00:03:02 |
10 | Von den sieben Zechbrüdern op. 47 Nr. 5 | 00:07:24 |
11 | Traum durch die Dämmerung op. 29 Nr. 1 | 00:02:55 |
12 | Schlagende Herzen op. 29 Nr. 2 | 00:02:42 |
13 | Nachtgang op. 29 Nr. 3 | 00:02:59 |
14 | Heimliche Aufforderung op. 27 Nr. 3 | 00:03:50 |
15 | Morgen! op. 27 Nr. 4 | 00:03:39 |
16 | Zueignung op. 10 Nr. 1 | 00:01:47 |
17 | Nichts op. 10 Nr. 2 | 00:01:27 |
18 | Die Nacht op. 10 Nr. 3 | 00:02:59 |
19 | Allerseelen op. 10 Nr. 8 | 00:03:26 |
Interpreten der Einspielung
- Thomas Laske (Bariton)
- Verena Louis (Klavier)