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Besprechung CD/SACD stereo/surround

Netzel • Sandström • Tarrodi

Piano Concertos

BIS 2576

1 CD/SACD stereo/surround • 80min • 2021

07.01.2023

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Drei sehr unterschiedliche Werke für Klavier und Orchester in Deutschland kaum gespielter schwedischer Komponisten stellt das BIS-Label zur Diskussion. Laura Netzel (1839-1927), die ihre Werke unter dem Pseudonym N. Lago herausgab, hatte unter anderem bei Charles-Marie Widor studiert und gehörte um 1900 zu den am häufigsten aufgeführten Komponistinnen, gerade in Deutschland und Frankreich. Sven-David Sandström (1942-2019) kennt man vor allem wegen seiner großen Kirchenmusikkompositionen, insbesondere der High Mass, die in die Formen von Bachs h-Moll Messe ganz neue Musik gießt. Neu für den Rezensenten ist Andrea Tarrodi (Jahrgang 1981), zumindest in ihrer Heimat bereits mit diversen Preisen ausgezeichnet. Sie war Schülerin von Jan Sandström – nicht mit dem Namensvetter verwandt.

Laura Netzels Klavierkonzert mit rekonstruiertem Schluss

Netzels umfangreichstes Werk, das Klavierkonzert e-Moll, ist um 1897 entstanden; das Finale blieb allerdings unvollendet. Der Pianist der Aufnahme, Peter Friis Johansson, spielt seine eigene Rekonstruktion des Schlusses (2020) – immerhin 166 von ca. 350 Takten. Ob die für die damalige französische Musik geläufige Praxis, hier nochmals Material des Kopfsatzes als Höhepunkt einzubringen, das ansonsten in bester zeitgenössischer Virtuosentradition stehende, dramatische Konzert inhaltlich nicht ein wenig überfrachtet, sei einmal dahingestellt. Interessant ist allemal Netzels ungewöhnliche Instrumentation, die der Harfe – die man in spätromantischen Gattungsbeiträgen sonst so gut wie nie findet – eine sehr auffällige Rolle einräumt.

Zwei Auftragswerke – postmodern bzw. minimalistisch

Sandströms Fünf teils attacca verbundenen Stücke für Klavier & Orchester (2017) sowie Tarrodis 1. Klavierkonzert Stellar Clouds (2015) sind Auftragswerke für Johansson. Sandström wird hier seinem Ruf als Neo-Romantiker mehr als gerecht – im positiven wie im negativen Sinne. Der Beginn mit seiner harten Konfrontation harscher, modernistischer Klänge mit lieblichem Gesäusel des Klaviers überwiegend im Diskantbereich – hier fühlt sich Johanssen in allen drei Konzerten hörbar am wohlsten, spielt nie hart, sondern enorm sensibel – wertet bereits eindeutig in eine Richtung. Die Stücke II und III sind Edelkitsch, bieten aber prächtige Möglichkeiten, pianistisch recht vordergründig zu glänzen. Einzig das kurze vierte Stück überzeugt durch vitale Rhythmik, wohingegen das Finale wieder zum unentschiedenen Süß-sauer des Anfangs zurückkehrt; nicht unbedingt Sandströms stärkste Musik.

Sternenhimmel als Klangteppich

Die sieben Teile von Tarrodis Stellar Clouds frönen einem Minimalismus, der mehr auf Zustände denn auf Entwicklungen setzt, wenn es auch nie langweilig wird. Die Orchesterbehandlung ist wirkungsvoll, selbst in den energischen Steigerungen mit etwas zu wohligem Schönklang; alles weitaus weniger gewalt(tät)ig als Satztitel wie Cosmic Nursery oder Hypernova vermuten lassen. Die Solokadenz erinnert stark an Ravels Ondine. Vieles erscheint als Zugeständnis an konkrete Wünsche des Pianisten. Das Symphonieorchester aus Göteborg unter dem Amerikaner Ryan Bancroft – 2018 Sieger des renommierten Malko-Wettbewerbs – begleitet untadelig, ist aber mit dieser ziemlich unausgegorenen Musik wohl nicht wirklich aus der Reserve zu locken. Mit der kürzlichen Wiederentdeckung der großartigen Helena Munktell auf BIS kann Laura Netzel jedenfalls nicht mithalten. Die beiden neuen Werke sind nett, jedoch unspektakulär, Johansson dabei allenfalls ein gefälliger Selbstdarsteller.

Martin Blaumeiser [07.01.2023]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Laura Netzel
1Klavierkonzert op. 84 00:27:12
Sven-David Sandström
5Five Pieces for Piano and Orchestra 00:25:26
Andrea Tarrodi
9Klavierkonzert Nr. 1 (Stellar Clouds, Peter Friis Johansson gewidmet) 00:26:03

Interpreten der Einspielung

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