Antonio Vivaldi
Le Quattro Stagioni per flauto di pan
cpo 555 461-2
1 CD • 52min • 2020
13.06.2022
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Heute ist es kaum vorstellbar, dass Antonio Vivaldis Konzertzyklus von den Vier Jahreszeiten lange Zeit in der Versenkung verschwunden war. Was muss also heute getan werden, um diese inzwischen überaus populäre Musik in einer weiteren Einspielung in neuem Licht erstrahlen zu lassen? Andreea Chira nimmt sich des gleichermaßen eingängigen wie auch komplexen Zyklus aus barocken Solokonzerten an – und nutzt dafür eines der ältesten Instrumente der Menschheit, die Panflöte, deren Name auf die griechische Sage zurückgehrt und in vielen Kulturen der Welt verbreitet ist.
Die aus Rumänien stammende und heute in Wien lebende Musikerin hat das Spiel auf den Bambusrohren perfektioniert und erprobt dessen Wirkung in vielen künstlerischen Kontexten. Viele ihrer Projekte, auch im Musicalfach, erfuhren eine große Resonanz. Mit der Einspielung von Antonio Vivaldis barocker Virtuosenmusik erklimmt Andreea Chiro einen neuen künstlerischen Reifelevel, um sich als Meisterin auf diesem Instrument zu profilieren.
Die Rasanz des ursprünglichen Violinsatzes wird durch das artikulatorische Feuer, das Andreea Chira auf diesem Instrument entfaltet, noch einmal auf die Spitze getrieben. Temporeich werden die vitalen Läufe regelrecht durchstürmt und es vereinen sich staccato und legato in rasanten Wechseln und präziser Rhetorik. Antonio Vivaldi dachte die Violine vorzugsweise als mehrstimmiges Instrument, was vor allem in Arpeggien und Doppelgriffen zum Ausdruck kommt. Jetzt übernehmen Andreea Chiras Lippen auf den Bambusrohren und die hier übertragenen Luftströme diese Aufgabe – und definieren damit die Ausdrucksmöglichkeiten dieses Instrumentes, aber auch dieser genialen Programmmusik neu, die im Jahr 1725 das Licht der Welt erblickte.
Interaktion wie aus einem Guss
Die 14 spielfreudigen Musikerinnen und Musiker des südwestdeutschen Kammerorchesters Pforzheim unter Leitung von Douglas Bostock lassen sich davon mitreißen, hören sich sensibel auf ihre Solistin ein und besinnen sich auf klare dynamische Abstufungen. Damit alles in dieser Interaktion wie aus einem Guss wirkt, wurde an die Originalpartitur Hand angelegt. Dafür ist Carlos Pino-Quintana verantwortlich, der beim renommierten Nationalen Jugendorchester von Venezuela schon mit unkonventionellen musikalischen Projekten hervortrat. Hier modifiziert er die Arrangements, was einer polyphonen Ausgewogenheit zwischen Orchester und diesem „neuartigen“ Soloinstrument zugute kommt. Vor allem das Weglassen des Cembalo-Parts ist dabei ein zentrales Element. Ebenfalls von Carlos-Quintana neu arrangiert wurde ein eher unbekanntes Konzert, welches hier in einer Neufassung für Panflöte und Streichorchester erklingt.
Hier wie dort verleiht der extrem präsente Panflötenton Antonio Vivaldis kompositorischer Finesse eine noch ausgesprägtere „singende“ Qualität und durchaus auch einen noch stärkeren Ohrwurmcharakter. Die „Höhenflüge“, die dabei freiwerden, sind allein aufgrund der Tonlage von Andreea Chiras Instrument, wörtlich zu nehmen.
Stefan Pieper [13.06.2022]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Antonio Vivaldi | ||
1 | Konzert E-Dur op. 8 Nr. 1 RV 269 (Der Frühling - aus: Die vier Jahreszeiten) | 00:09:52 |
4 | Konzert g-Moll op. 8 Nr. 2 RV 315 (Der Sommer - aus: Die vier Jahreszeiten) | 00:11:12 |
7 | Konzert F-Dur op. 8 Nr. 3 RV 293 (Der Herbst - aus: Die vier Jahreszeiten) | 00:10:28 |
10 | Konzert f-Moll op. 8 Nr. 4 RV 297 (Der Winter - aus: Die vier Jahreszeiten) | 00:09:03 |
13 | Concerto D-Dur RV 93 für Laute, 2 Violinen und Basso continuo | 00:10:49 |
Interpreten der Einspielung
- Andreea Chira (Panflöte)
- Südwestdeutsches Kammerorchester Pforzheim (Orchester)
- Douglas Bostock (Dirigent)