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Besprechung CD/SACD stereo/surround

Béla Bartók

Concerto for Orchestra

BIS 2378

1 CD/SACD stereo/surround • 69min • 2018, 2019

01.12.2021

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Die finnische Dirigentin Susanna Mälkki gilt – nicht zuletzt, da sie mehrere Jahre das Ensemble intercontemporain leitete – als Spezialistin für zeitgenössische Musik, was sich in großen Teilen ihrer bisherigen Diskographie widerspiegelt. Seit sie 2016 Chefdirigentin des Philharmonischen Orchesters Helsinki wurde, haben sich die Schwerpunkte jedoch etwas verlagert, speziell in Richtung Béla Bartók, und so ist die neue BIS-SACD bereits die vierte, die sich (ganz oder in Teilen) seiner Musik widmet. Diesmal stehen zwei der wichtigsten Orchesterwerke Bartóks (und auch der Musik des 20. Jahrhunderts) auf dem Programm, nämlich die Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta sowie das Konzert für Orchester, beides also Werke aus dem letzten Lebensjahrzehnt des großen ungarischen Komponisten.

Glasklare Wiedergabe von Details und Subtilitäten

Der bisherige grundsätzlich ausgesprochen positive Eindruck wird in der neuen Produktion bestätigt: das Philharmonische Orchester Helsinki erweist sich einmal mehr als Orchester von Weltrang, das mit größter Präzision Bartóks äußerst kunstvolle und vielschichtige Texturen durchhörbar und erfahrbar macht. Dieser Eindruck wird durch die gewohnt exzellente Klangqualität des Labels BIS noch verstärkt, und so treten etliche Details und Subtilitäten von Bartóks Orchestration glasklar zu Tage – man höre nur etwa beispielhaft den zweiten Satz der Musik für Saiteninstrumente, wo die Interaktion der beiden Streichergruppen, aber auch klangliche Spezifika wie Bartók-Pizzicati (auch als Teil eines Akkords) sehr gut zur Geltung kommen. Insgesamt wählt Mälkki tendenziell gemäßigte, aber nicht betont langsame Tempi. Angestrengt klingen diese Interpretationen nie, vielmehr lässt Mälkki die Musik an den lyrischen, zurückgenommenen Stellen dezidiert innehalten, kostet den Reiz des Moments aus. Doch auch die dynamischen Gipfelpunkte klingen machtvoll, aber nie grob, die Artikulation ist stets präzise, die Tongebung der Bläser vorzüglich, und die Balance fein austariert.

Atmosphärisch dichte Musik für Saiteninstrumente

Es gibt also vieles, das an dieser Neuerscheinung zu loben ist, und mindestens die Einspielung der Musik für Saiteninstrumente würde ich als exzellent bezeichnen. Speziell die langsamen Sätze sind sehr atmosphärisch geraten, die beklemmende, fahle Stimmung der einleitenden Fuge vortrefflich eingefangen. Die schnellen Sätze werden insgesamt pointiert, lebhaft und temperamentvoll dargeboten. Über Einzelheiten kann man diskutieren (dem Schluss etwa nimmt Mälkki einiges an Verve, indem sie die letzten beiden Takte, eigentlich wieder a tempo, deutlich verbreitert), aber insgesamt ist die Einspielung vorzüglich. Für diese Interpretation würde ich daher sogar die volle Punktzahl vergeben.

Abstriche bei der Gestaltung im Großformat

In der Totalen nicht ganz so überzeugend ist für mich die Lesart des Konzerts für Orchester. Sicherlich werden viele Details minutiös herausgearbeitet und ausgesprochen überlegt gestaltet, sodass zahlreiche Passagen für sich genommen sehr überzeugend gelingen. Was dabei aber zuweilen auf der Strecke bleibt, ist die Gestaltung im Großformat, die Disposition großer Zusammenhänge, der musikalischen Dramaturgie. Speziell in den Ecksätzen des Konzerts für Orchester könnte der Architektur der Musik noch stärker Rechnung getragen werden: so kommt etwa die furios-euphorische Schlusssteigerung ganz am Ende des Werks bei Mälkki letztlich doch mit gebremstem Schaum daher, jedenfalls im Vergleich zu klassischen Interpretationen wie zum Beispiel Fritz Reiner (1955) oder Georg Solti (1980). Wo es möglich ist, ab Takt 482 (Più presto) bis hin zum Schluss einen großen Spannungsbogen von sich steigernder Intensität zu beschreiben, ist Mälkkis Interpretation zu kleinformatig, auch zu wenig forciert, und in Takt 556 spielt sich ihre Lesart eben nicht in Lo stosso tempo ab. Nun handelt es sich hierbei sicherlich um Abwägungen, die die Spitzengruppe einer Vielzahl von Einspielungen dieser Werke betreffen (und als solche definieren); dass Mälkkis Lesarten insgesamt deutlich überdurchschnittlich geraten sind, steht außer Frage. Begleitet wird die Produktion von einem lesenswerten Kommentar von Arnold Whittall, dessen gelegentliche Nonchalance in der deutschen Übersetzung nicht immer völlig befriedigend zur Geltung kommt.

Holger Sambale [01.12.2021]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Béla Bartók
1Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta Sz 106 BB 114 00:29:59
5Konzert für Orchester BB 123 Sz 116 00:38:20

Interpreten der Einspielung

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