Dream Images
Debussy • Crumb • Ravel • Scriabin • Schmidt

TYXart TXA19128
1 CD • 62min • 2019
10.01.2021
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
In einem Programm die Werke einfach linear-chronologisch anhand ihrer Entstehungszeit „aufreihen“ – das kann (fast) jeder! Die Pianistin Josefa Schmidt verfolgt auf ihrer Debüt-CD einen anderen Weg: Wenn sie aus Werken verschiedener Komponisten aufschlussreiche thematische Stränge webt, werden Gemeinsamkeiten spürbar, Bezüge sichtbar und wird vor allem der Aufbruchsgeist einer Zeit nachfühlbar. Darüber hinaus demonstriert diese Aaufnahme noch mehr: Nämlich wie sich eine Komponistin von Heute von der Diktion der frühen Moderne und eines erwachenden Impressionismus inspirieren lässt.
Der Weg in die Moderne
Debussy, Ravel, Scriabin – aber auch der Amerikaner George Crumb zeigen jeweils in ihren Klavier-Kompositionen Wege in die musikalische Zukunft. Vieles ist frei und offen im 20. Jahrhunderts – entsprechend spielerisch-leicht fließen die Ideen und blühen sinnliche Klänge auf. Da fühlt sich die Pianistin Josefa Schmidt offenbar gleich zuhause. Fünfmal gewann sie den Bundeswettbewerb „Jugend musiziert‟, daran schlossen sich weitere Wettbewerbe an, etwa der Tonali-Klavierwettbewerb, zudem war sie Finalistin beim internationalen „Concours Merci Maestro“ in Brüssel. Heute studiert sie bei Prof. Roland Krüger an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover und hinterließ in Live-Konzerten nachhaltigen Eindruck, etwa beim Rheingau-Musikfestival. Ihre aktuelle Aufnahme zeugt darüber hinaus von einem guten Gespür für eigene Projekte mit starker Aussagekraft.
Impulsives Spiel
In den Images Oubliées des frühen Claude Debussy wirbelt ihr impulsives Spiel aufgeweckt über die Tasten. Einmal warm gespielt, bringt sie die Klänge im Makrokosmos Nr. 1 von George Crumb zum Leuchten. George Crumb lebte zwar viel später, aber seine – mitunter rätselhaften – musikalischen Traumbilder rangieren auf Augenhöhe mit den Schöpfungen seiner europäischen Kollegen aus dem frühen 20. Jahrhundert – etwa, wenn helle Impulse aus schwarzen Tiefen hervorblitzen und mittendrin schließlich ein Chopin-Zitat wie eine romantische Insel aus vergangener Zeit wirkt. Maurice Ravels Miroirs bilden danach einen dominierenden roten Faden im Programm, den Josefa Schmidt mit Alexander Scriabins Préludes op. 16 zu verweben weiß. Eine weitere Überraschung: Wie introvertiert, ja zahm, muten diese Préludes doch an, verglichen mit den rauschhaften Exaltiertheiten in anderen Werke des Russen. Dem entgegen stehen Maurice Ravels Aufbrüche in die Moderne. Sinnlich wie ein Ozean lebt das Gewoge in den Miroires, in denen auch mal das Feuer eines spanischen Tanzes lodert und es – jenseits aller Programmatik – auch sehr melancholisch zu gehen darf. Josefa Schmidt bietet überzeugend verschiedenste pianistische Mittel auf, um all diese Aspekte ins rechte Licht zu setzen.
Im Heute angekommen
Aber noch ein weiterer, erfreulicher Aspekt bereichert diese engagierte Gesamtschau: Wie haben sich Komponistinnen und Komponisten im 21. Jahrhundert von dem ganzen Reichtum in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts inspirieren lassen? Eine Antwort lieferte – im Alter von gerade einmal 15 Jahren – die Komponistin Vera Schmidt mit ihrem Stück Cave Obskure. Sie weiß Klangereignisse in fantasievolle Beziehungen zu setzen, malt subtile dissonanzharmonische Farben, verweilt in meditativen Momenten – schöpft aber aus all dem auch so manchen selbstbewussten Impuls. Immer bleibt in dieser musikalischen Welt genug Luft zum Atmen, denn Vera Schmidt hat verstanden, dass es in der musikalischen Moderne vor allem um Klarheit geht. Erstaunlich ist dennoch, dass Cave Obskure das erste Stück von Vera Schmidt war, die damit einen Bundespreis beim Kompositionswettbewerb von „Jeunesses Musicales‟ Deutschand gewann.
Stefan Pieper [10.01.2021]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Claude Debussy | ||
1 | Quelques aspects de "Nous n'irons plus au bois", parce qu'il fait du temps insupportable (Trois Images Oubliées Nr. 3) | 00:03:59 |
George Crumb | ||
2 | Dream Images (Love-Death Music) - Gemini (aus Makrokosmos I, Nr. 11) | 00:04:45 |
Maurice Ravel | ||
3 | Noctuelles (aus: Miroirs, Nr. 1) | 00:05:17 |
Alexander Scriabin | ||
4 | Prélude Ges-Dur op. 16 Nr. 3 (Andante cantabile) | 00:02:21 |
Maurice Ravel | ||
5 | Une barque sur l'océan (aus: Miroirs, Nr. 3) | 00:07:50 |
Alexander Scriabin | ||
6 | Prélude es-Moll op. 16 Nr. 4 (Lento) | 00:00:59 |
7 | Prélude fis-Moll op. 16 Nr. 5 (Allegretto) | 00:00:36 |
Vera Schmidt | ||
8 | Cave Obscure | 00:05:15 |
Claude Debussy | ||
9 | Lent (Mélancolique et Doux) aus: Trois Images Oubliées, Nr. 1 | 00:04:08 |
Maurice Ravel | ||
10 | Alborada del gracioso (aus: Miroirs, Nr. 4) | 00:07:25 |
11 | Oiseaux tristes (aus: Miroirs, Nr. 3) | 00:04:11 |
Claude Debussy | ||
12 | Souvenir du Louvre aus Trois Images Oubliées, Nr. 2 | 00:04:48 |
Alexander Scriabin | ||
13 | Prélude H-Dur op. 16 Nr. 1 (Andante) | 00:02:35 |
14 | Prélude gis-Moll op. 16 Nr. 2 (Allegro) | 00:01:17 |
Maurice Ravel | ||
15 | La Vallée des cloches (aus Miroirs, Nr. 5) | 00:05:24 |
Interpreten der Einspielung
- Josefa Schmidt (Klavier)