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Besprechung CD

Joseph Haydn

The Seven Last Words of Christ

BIS 2429

1 CD • 63min • 2006

24.09.2019

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Haydns Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuz gehören zu den außergewöhnlichsten Werken der geistlichen Musik. Haydn selbst schilderte seinem Biographen Griesinger zu Anfang des 19. Jahrhunderts die Entstehungsgeschichte der 1786 in Auftrag gegebenen Komposition folgendermaßen: „Vor etwa fünfzehn Jahren bat mich ein Domherr aus Cádiz, ein Instrumentalstück über die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze zu komponieren. Damals war es üblich, jedes Jahr in der Kathedrale zu Cádiz während der Fastenzeit ein Oratorium aufzuführen, dessen Wirkung besonders hervorgehoben wurde, indem die Wände, Fenster und Pfeiler der Kirche in schwarz bedeckt wurden; allein eine große Lampe, die in der Mitte hing, brach diese heilige Düsterkeit. Zu Mittag wurden alle Tore geschlossen, und alsbald erklang die Musik. Nach entsprechendem Vorspiel bestieg der Bischof seinen Stuhl, sprach eines der sieben Worte und kommentierte es. Anschließend stieg er wieder herab und stellte sich davor: Diese Zeitspanne wurde von Musik gefüllt. Und so bestieg der Bischof den Stuhl ein zweites, ein drittes Mal und so fort, und das Orchester spielte jedes Mal am Ende der Predigt. In meinem Werke hatte ich diesen Umstand zu berücksichtigen. Die Aufgabe bestand darin, sieben aufeinanderfolgende Adagi zu je etwa zehn Minuten zu schreiben, ohne dass es der Zuhörer eintönig empfände, und es war kein leichtes.“ Haydn selbst rechnete Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuz zu seinen besten Kompositionen.

Nun war Haydn auch ein guter Geschäftsmann, was die Verbreitung seiner Werke anging, und so fertigte eine Version des Werkes für Streichquartett an und 1795/96 ein Oratorium. Die Klavierfassung stammt nicht von Haydns Hand, fand allerdings seinen Beifall – „… insbesondere belobige ich den Clavierauszug, welcher sehr gut und mit besonderem Fleiß abgefaßt ist“: schrieb der Komponist am 23. Juni 1787 an den Musikverlag Artaria.

Für Interpreten ist es nicht leicht, die Spannung in diesen in ihrer meditativen Stimmung dicht gearbeiteten Sonaten und der abschließenden dramatischen musikalischen Schilderung des Erdbebens, das nach dem biblischen Bericht dem Tod Jesu am Kreuz folgte, zu halten. Der französische Pianist Nicolas Stavy gestaltet eine ebenso würdevolle wie empathische Interpretation dieses einzigartigen Werkes und meidet dabei jegliche überspitzte Emphase. Er zeigt Sinn für die Dramatik des Werkes; im Vergleich mit Ronald Brautigam und Jos van Immerseel, großartige Pianisten auf Hammerflügeln, mit deren Klang Haydn vertraut war, zeigt er sich als ebenbürtiger und subtiler Gestalter auf dem modernen Konzertflügel, der seinem Steinway D-274 ein breites Spektrum von Effekten und Affekten zu entlocken weiß.

Das Instrument verfügt über zwei Mechaniken, die Stavy beide ausprobierte, und sich dann dafür entschied, eine für die Sieben Worte und die andere für die Variationen zu verwenden – mit für den aufmerksamen Zuhörer deutlichem und musikalisch angemessenem Klangunterschied zwischen beiden Werken. Das zweite Werk dieser Einspielung ist das Andantino con variazioni f-Moll Hob. XVII/6, Haydns letzte Komposition für Soloklavier, entstanden 1793. Das von würdevoller Stimmung durchdrungene Werk soll zum Gedächtnis des Todes von Marianne von Genzinger geschrieben worden sein: Haydns naher Freundin, die im Januar 1793 mit 38 Jahren verstorben war. Man kann es gut als Trauermusik auffassen, so passt es vorzüglich in dieses Programm, indem es dem religiösen Aspekt der Trauermusik zum Karfreitag noch ein persönliches Lamento Haydns hinzufügt.

Diese Aufnahme wurde im Jahr 2006 eingespielt und zunächst als CD auf dem französischen Label Mandala veröffentlicht. Jetzt ist sie von neuem verfügbar: in glasklarem Klang im SACD-Format nach gründlichem Remastering durch BIS-Records.

Vergleichseinspielungen: Die sieben letzten Worte: Ronald Brautigam (Fortepiano McNulty nach Walter, 1795), BIS CD 1325; Jos van Immerseel (Fortepiano Christopher Clarke, 1988, nach Anton Walter, Wien), CCS 6894 (als Download verfügbar).

Detmar Huchting [24.09.2019]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Joseph Haydn
1Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze op. 49 Hob. XX/1C 00:46:54
10Andante con variazioni f-Moll Hob. XVII:6 00:15:20

Interpreten der Einspielung

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