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Besprechung CD/SACD stereo/surround

Allan Pettersson

Violin Concerto No. 2

BIS 2290

1 CD/SACD stereo/surround • 61min • 2018, 2017

05.07.2019

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 7
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 7

Ich muss gestehen, dass ich mich – seit ich eine Tschaikowsky-Symphonie unter Christian Lindberg, der zweifellos ein phänomenaler Könner auf der Posaune ist, gehört habe – immer wunderte über die euphorischen Kritiken seiner Allan-Pettersson-Serie des Norrköpinger Symphonieorchesters bei BIS. Vorliegende Aufnahme ist ein Beweis, dass es sich dabei um einen medial gepushten Hype handelt. Ulf Wallin ist den gigantischen Herausforderungen des Soloparts im großen (2.) Violinkonzert von 1977 (revidiert 1980) gewachsen, und alleine schon den Mut aufzubringen, dieses Konzert einzuspielen, nötigt unbedingt Respekt ab. Gespielt haben es vor ihm nur Widmungsträgerin Ida Haendel (aufgenommen für Caprice), Isabelle van Keulen (aufgenommen für cpo) und Rebekka Hartmann (live im sächsischen Friedberg). Die Aufnahme mit Ida Haendel bleibt weiterhin das mit Abstand Beste, was nicht nur an ihr liegt, sondern auch daran, dass Herbert Blomstedt das Symphonieorchester des Schwedischen Rundfunks leitete (ihre Live-Aufnahme mit dem BR-Symphonieorchester hatte solches Glück nicht). Die Neuaufnahme nun leidet zunächst eindeutig darunter, dass im Anfangsteil ein überhetztes Tempo angeschlagen wird, das kein sinnfälliges Ausspielen, keine wirklich Intensität des Phrasierens gestattet, und meines Erachtens liegt dies hier vor allem am Dirigenten. Erstaunliches freilich leistet die Klangregie (Martin Nagorni und Hans Kipfer), die wieder in bester BIS-Tradition Maßstäbe setzt, was das Hörbarmachen des eigentlich Unhörbaren angeht. Das ist natürlich sehr unnatürlich, aber zumindest bekommt man erstaunlich viel von der überinstrumentierten Orchesterfaktur mit, und selbstverständlich hört man den Solisten immer, was im tatsächlichen Raum absolut nicht der Fall ist. Die eigentliche Schwäche Petterssons als Orchestrator bestand darin, dass er viele Basslinien und andere tiefe Stimmen mit zu kräftigen Blasinstrumenten, oftmals verdoppelt, verdreifacht, vervierfacht, besetzt, die (anders als die tiefen Streicher) niemals ein echtes Piano produzieren können und daher vor allem mit ihrem Obertonchaos die Sologeige hoffnungslos zudecken. Nicht nur diese Problematik hat man hier komplett kompensiert, man hört auch ganz vieles (z. B. Flötenpassagen) mit einer Kraft und Präsenz, die jegliche Realität in pure Fiktion umwandeln. Wäre da nur ein musikalischerer Dirigent, der mehr leistete als nur rhythmische Synchronisation!

Ich möchte jetzt gar nicht auf die Geschmacklosigkeit eingehen, sich auf dem Cover Aug’ in Aug’ mit einem kompositorischen Genie zu präsentieren, der diesen postumen Missbrauch nicht verhindern kann und so bereits optisch ins Mittelmaß herabgewürdigt wird. Ich wundere mich auch, dass Lindberg als Einrichter des wichtigsten Teils dieser CD aufgeführt ist: des späten symphonischen Fragments, das von Peter Ruzicka aufgefunden und ‚Symphonie Nr. 17‘ benannt wurde. Die Abschrift des Autographs hat der deutsche Musiker Markus Brylka besorgt, und Lindberg hat sich lediglich mit darum gekümmert, dass aus dieser Partitur verwendungsfähiges Stimmenmaterial erstellt wurde. Und dieses Fragment ist selbstverständlich großartige Musik, unverkennbarer Pettersson der Reifezeit, und bricht dann eben leider nach ca. 7 Minuten (unter einem äußerst kaltherzigen und unpoetischen Dirigat) abrupt ab. Pettersson hat schon lange kein Glück mit seinen Dirigenten gehabt, und das ist eine Geschichte, die hier gnadenlos fortgeschrieben wird.

Christoph Schlüren [05.07.2019]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Allan Pettersson
1Violin Concerto No. 2 00:53:09
5Sinfonie Nr. 17 (Fragment) 00:07:04

Interpreten der Einspielung

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