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Besprechung CD

Heinrich von Herzogenberg

Ein deutsches Liederspiel

cpo 555 102-2

1 CD • 61min • 2017

12.02.2018

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 6
Klangqualität:
Klangqualität: 6
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 6

Heinrich von Herzogenberg (1843–1900) hat’s schwer in der Musikgeschichte: Sein schlichtes Weihnachtsoratorium mit dem Titel Die Geburt Christi ist ziemlich beliebt bei den Kirchenchören, aber schon die Charakterisierung in „Reclams Chormusik- und Oratoriumsführer“ attestiert ihm eine „unbestechlich klare Handschrift der Brahms-Nachfolge“ und auch der wesentlich ältere „Große klassische Chor- und Liederführer“ von Otto Schumann benennt es klar: „So wird man auch bei Herzogenberg eine innere Verwandtschaft zu der Schaffensart von Brahms feststellen können.“ Auch Mathias Walz hebt im „Harenberg Chormusikführer“ die Brahmsnähe hervor („der spätere unbedingte Brahmsianer“) und bringt auch ein verräterisch lobendes Zitat des Herzogenberg-Freundes und Bach-Exegeten Philipp Spitta: „Meisterschaft, Noblesse, Geist, Erfindung, Klangsinn – alles ist da; aber der eine Tropfen, der den Becher zum Überschäumen bringt, ihn hat die grausame Natur dem reichbegabten Manne versagt.“

Genauso ist’s, und genauso hört man es in Ein deutsches Liederspiel auf dieser CD. Es brahmst allenthalben gewaltig, aber es ist ein Brahms-Klang ohne – vor allem – melodische Substanz. Herzogenberg gelingt keine wohlgeformte Melodie, die sich ins Ohr, geschweige denn ins Herz brennt. Ein anonymer zeitgenössischer Musikkritiker, der im ausführlichen Booklet zitiert wird, bemerkte schon damals, „dass in dem Liederspiel das spezifisch melodische Element nicht mehr heraustritt“.

Textgrundlage dieses im Titel an Schumanns Spanisches Liederspiel erinnernden Werkes sind deutsche Volkslieder. Die Musik dazu ist aber eher volkstümelnd, den „Volkston“ professorenhaft imitierend. Das merkt man überdeutlich in Nr. 5 (Morgen muss ich fort von hier), dem längsten Stück, weil es alle Strophen dieses Liedes birgt. Den naheliegenden Vergleich mit der Silcher-Vertonung darf man gar nicht wagen, sonst merkte man, wie Herzogenberg das Lied unerträglich zerdehnt und sentimentalisiert, es umformt in eine Zwergen-Tragödie. Frisch sind die Stücke mit Solo-Tenor, die Mirko Roschkowski mit leichtem und hellem Tenor singt, die Nr. 7 (O ihr Wolken, gebet Wasser) bemüht doch mal eine Art wellenförmige Melodie, die in den Klavieren ganz brahmsisch volltönend begleitet wird.

Aus dem reinen Repertoire-Wert retten könnte höchstens noch ein schmiegsamer, wendiger und klangsatter Chor. Das Niedersächsische Vokalensemble ist dieser Chor nicht. Er klingt oft wie ein angestrengter Laienchor, der Chorklang wird in der Höhe immer offener und ungerundeter. Noch dazu wirkt der Raumklang, obwohl alles im Osnabrücker Schloss aufgenommen ist, wie aus einem topfigen Büroraum.

Obwohl Arnold Krug (1849–1904), der „Professor der Musik“ aus Hamburg, noch unbekannter ist als Heinrich von Herzogenberg, ist sein Chorlieder-Zyklus Aus verwehten Blättern gehaltvoller, melodiöser, harmonisch reichhaltiger und textbezogener komponiert. So schmachtet und schwelgt gleich das erste Chorlied:O wehr‘ es nicht! – ein scheint’s echt männlicher Wunsch. Und sehr heiter huldigen die Sonnenstrahlen, die Lerche und die Rosen dem schönen Elslein, „die eichenen Dielen krachten“ beim Sonnwendtanz, rauschende Klavier-Arpeggien bitten die Sonne um Liebeshilfe und „vertun, verblüh’n, vergehen“ klagt der alt gewordene Liebhaber in schmerzlichen Harmonien – echt romantische Chormusik.

Rainer W. Janka [12.02.2018]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Heinrich von Herzogenberg
1Ein Deutsches Liederspiel op. 14 00:40:54
Arnold Krug
11Aus verwehten Blättern op. 32 (Ein Cyclus von Quartetten für gemischen Chor mit Begleitung des Pianoforte nach Dichtungen von Karl Stieler) 00:19:54

Interpreten der Einspielung

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