The Cello in Wartime
BIS 2312
1 CD/SACD stereo/surround • 66min • 2016
08.01.2018
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Steven Isserlis zählt zu den großen Legenden unter den Cellisten unserer Zeit, und auch wenn er heute im glamourösen Konzertleben manchnal bereits im Schatten einiger hübscher Jungstars zu stehen scheint, erwarten doch viele – insbesondere viele Kollegen – stets sehnsüchtig sein nächstes Album, mal bei Hyperion, mal bei BIS. Diesmal also wieder aus Schweden, mit der kanadischen Pianistin Conni Shih als Partnerin, und mal wieder ein Konzeptalbum: ‚The Cello in Wartime’ – womit der Erste Weltkrieg gemeint ist. Ein weitergehender gemeinsamer Nenner ist nicht gegeben: auf Debussys genialen einzigen Beitrag folgen die ausladend dreisätzige Sonate in D von Frank Bridge, die erste der beiden Sonaten von Gabriel Fauré, Weberns extrem verknappte Drei kleine Stücke op. 11, und vier fiktive Schützengraben-Arrangements von Harold Triggs, die Isserlis auf dessen viereckigem Trench Cello (siehe Cover!) vorträgt.
Isserlis spielt wie erwartet durchgehend hochexpressiv, souverän in technischer Hinsicht, immer – auch in den intim leisen Passagen – unter Hochdruck. Connie Shih bildet den nüchterneren Gegenpart, auch sie technisch makellos. Als Ganzes am überzeugendsten gelingt Frank Bridges zwischen 1913 und 1917 entstandene, höchst leidenschaftliche Sonate, die im Finale zyklisch die Thematik des Kopfsatzes wieder aufgreift. Sie erfährt eine machtvoll drängende Wiedergabe. Während auch in Weberns drei kurzen Stücken von 1914 der extrem verdichtete Satz einigermaßen idiomatisch erfasst ist, kommt Debussy in effektstark abstrahierter Weise daher, und bei Fauré (die erste seiner beiden Sonaten ist das veritable Spätwerk eines 72jährigen) könnte ich mir nun doch eine weniger aufgeladene, feinnerviger und auch gelassener ausgesungene Aufführung vorstellen. Das Wilde freilich ist unausweichlich hervorgekehrt. Zum Schluss gibt’s Saint-Saëns’ unsterblichen Schwan, Hubert Parrys einstigen Hit Jerusalem, Ivor Novellos gleichfalls zum Mitsingen animierendes Keep the Home-Fires Burning, und schließlich konsequenterweise God Save the King. Während die Engländer übrigens mit der Originalversion von Jerusalem vertraut sein dürften, kenne ich das Lied aus der Anfang der siebziger Jahre mit der Stimme Greg Lakes um die Welt gegangenen Version von Emerson Lake & Palmer, es hinterlässt also in mir eine nostalgische Assoziation anderer Art.
Ausgezeichnetes Klangbild, eigenständiger und interessanter Booklettext von Steven Isserlis, ergänzt durch die hochinteressanten Informationen zu Harold Triggs’ Trench Cello aus der Feder des Erben Charles Beare.
Christoph Schlüren [08.01.2018]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Claude Debussy | ||
1 | Sonate L 144 für Violoncello und Klavier | 00:10:32 |
Frank Bridge | ||
4 | Sonate d-Moll H 125 für Violoncello und Klavier | 00:23:08 |
Gabriel Fauré | ||
6 | Sonate d-Moll op. 109 für Violoncello und Klavier | 00:18:34 |
Anton Webern | ||
9 | Drei kleine Stücke op. 11 für Violoncello und Klavier | 00:02:53 |
Camille Saint-Saëns | ||
12 | Le Cygne (Der Schwan - aus: Der Karneval der Tiere) | 00:03:35 |
Charles Hubert Hastings Parry | ||
13 | Jerusalem | 00:02:19 |
Ivor Novello | ||
14 | Keep the Home-Fires Burning | 00:02:02 |
trad. | ||
15 | God Save the King | 00:00:50 |
Interpreten der Einspielung
- Steven Isserlis (Violoncello)
- Connie Shih (Klavier)