Marlo Thinnes
Ombre et Lumière
Telos Music TLS 215
1 CD • 69min • 2016
10.11.2017
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Über die Initiativen des Telos-Labels gab es aus meiner Sicht immer wieder Anlass, in den Wörterschatz der lobenden Ausführungen zu greifen. Ich erwähne hier nur Igor Shukovs späte Gesamtaufnahme der Skrjabin-Sonaten! Nun wird hier ein „Schatten und Licht“-Programm mit dem aus Saarbrücken stammenden Pianisten Marlo Thinnes offeriert, einem Schüler von Robert Leonardy und dem Cortot-Schüler und -Assistenten Jean Micault. Der Pianist bittet im Begleitheft den Titel seines Telos-Debütalbums „eher philosophisch zu verstehen“. Da möchte ich ihm beipflichten, denn um welche Literatur es sich auch handelt, stets haben wir es mit Hell- und Dunkel-Aussagen, bzw. –Wirkungen zu tun. Leider, leider komme ich aber nicht umhin, Thinnes‘ Klavierspiel als eine gelegentlich animierende, oft aber auch monochrome Mischung aus Licht und Schatten zu beschreiben, ein Umstnd, der womöglich auch auf das verwendete Instrument und die gerade räumliche Aufnahmeregie zurückzuführen ist. Denn der Anschlag bleibt oft grobkörnig, in den mobilen Passagen etwa der Carmen-Kammerfantasie von Busoni lediglich in Ansätzen geschmeidig. Den Anforderungen eines „Prestissimo volando“, wie es im zweiten Satz der Skrjabin-Sonate op. 30 erwünscht ist, versucht Thinnes nachzukommen. An Tempo lässt es Thinnes nicht fehlen, atmosphärisch allerdings fehlt es mir an Bodenfreiheit und luftiger Verrücktheit, wenn man Einspielungen mit dem jungen Gawrilow (EMI), mit Roberto Szidon (DG), mit Vladimir Sofronitzky (Melodya) oder mit Marc-André Hamelin (Hyperion) im Ohr hat. Gar nicht erst umständlich zu reden etwa von Yuja Wang, als sie am 6. April dieses Jahres das zweisätzige Stück in ihrem ausführlichen Wiener Zugabensegment platzierte.
In hörendem Anbetracht von Thinnes‘ Wiedergabe der Appassionata mit gelungenen, aber auch hölzernen, zuweilen im Fortissimo unangenehm lärmenden, ja brutalen Momenten und Passagen könnte man den Eindruck gewinnen, es fehlte dem Pianisten an letzter Bereitschaft, das Geleistete noch einmal zu überprüfen. Am Ende der Werkfolge gelingt ihm immerhin mit Kempffs Bearbeitung der Sinfonia aus Bachs Ratswahlkantate ein andächtiger Ausklang. Warum der Herausgeber dieses „Ombre et lumière“-Finale als Bonus-Track bezeichnet, mögen jene erklären, die sich mit verkaufspsychologischen Feinheiten beschäftigen. Vielleicht sollte die Hörer – so meine Vermutung – diese Version mit großer Dankbarkeit zur lauschenden Kenntnis nehmen. Schließlich lautet der Text „Wir danken Dir, Gott, wir danken Dir“
Peter Cossé † [10.11.2017]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Ludwig van Beethoven | ||
1 | Klaviersonate Nr. 23 f-Moll op. 57 (Appassionata) | 00:23:45 |
Franz Liszt | ||
4 | Vallée d'Obermann S 160:6 (Années de Pèlerinage - première année: Suisse S 0160) | 00:14:09 |
Richard Wagner | ||
5 | Isoldes Liebestod (Bearb. für Klavier) | 00:07:29 |
Alexander Scriabin | ||
6 | Klaviersonate Nr. 4 Fis-Dur op. 30 | 00:08:16 |
Sergej Rachmaninow | ||
8 | Fragmente op. posth. (1917) | 00:02:20 |
Ferruccio Busoni | ||
9 | Sonatine KiV 284 for Piano (Kammer-Fantasie nach Georges Bizets "Carmen") | 00:08:22 |
Johann Sebastian Bach | ||
10 | Wir danken dir Gott, wir danken dir BWV 29 (Bearb. für Klavier) | 00:04:13 |
Interpreten der Einspielung
- Marlo Thinnes (Klavier)