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Besprechung CD

Georg Philipp Telemann

Festmusiken für Altona

cpo 555 018-2

1 CD • 54min • 2014, 2015

17.08.2017

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Bis Altona schließlich im Gefolge des deutsch-dänischen Krieges von 1864 ein Teil der neuerrichteten preußischen Provinz Schleswig-Holstein wurde, war es seit 1640 Teil des Herzogtums Holstein gewesen, das wiederum seit 1474 vom jeweiligen dänischen König in Personalunion von Kopenhagen aus regiert wurde. Im Unterschied zum strikt lutherischen Nachbarn Hamburg herrschte seit dem frühen 17. Jahrhundert in Altona religiös ein liberaler Geist, der eine Ansiedlung von Juden erleichterte und die von Angehörigen nicht lutherischer christlicher Konfessionen überhaupt erst ermöglichte. Das wird durch die geöffneten Stadttore im Altonaer Wappen deutlich (im Hamburger Wappen sind sie geschlossen), und es hat sicherlich auch zu einem stolzen Selbstbewusstsein der Altonaer beigetragen, die immerhin in der nach Kopenhagen zweitgrößten Stadt des dänischen/norwegischen Gesamtstaats wohnten.

1660 hatte in Kopenhagen eine „dänische Oktoberrevolution“ stattgefunden, während derer Bürgertum und Geistlichkeit gemeinsam mit König Friedrich III. den Adel entmachteten, es entstand in Dänemark das absolutistische Erbkönigtum, und diese Herrschaftsform bestand unter der Bezeichnung „Enevælde = Alleinherrschaft“ bis 1848.

Am 16. Oktober 1760 wurde mit einem Gottesdienst in der damals noch keine 20 Jahre alten Altonaer Hauptkirche St. Trinitatis die Hundertjahrfeier der Erbsouveränität des dänischen Königshauses feierlich begangen. Zu diesem Anlass hatte man eine Festmusik bei Georg Philipp Telemann bestellt. Dieser wirkte als Musikdirektor und „Cantor Johannei“ in Hamburg und war mit 79 Jahren ein für damalige Zeiten hochbetagter Mann. Direkt nach der Aufführung wurde das Werk im Altonaischen Mercurius als „vorzüglich schöne Musik“ beurteilt; erst kürzlich wurde es in einer 1998 von kriegsbedingter Verlagerung aus Armenien zurückgekehrten Sammelhandschrift wiederentdeckt. Das Spätwerk Telemanns, das sich ohnehin durch eine bemerkenswert hohe Qualität auszeichnet, wird mit diesem kirchenmusikalischen Juwel um eine besonders leuchtende Facette bereichert. Das in zwei Teilen die Festpredigt umrahmende Stück preist unter religiösen Auspizien das segensreiche Wirken der dänischen Erbmonarchen, besonders jenes von Friedrich V., der seit 1746 regierte und ein populärer Herrscher war.

Elf Jahre älter ist das zweite Stück dieser CD: Die kurze, sechsstrophige Ode Nun auspicato sidere für vierstimmigen Chor und Basso continuo ist eine weitere der mindestens zwölf Festmusiken, die Telemann im Zeitraum 1741–1764 für Altona schrieb. Sie erklang am 28. Oktober 1749 im Altonaer akademischen Gymnasium Christianeum anlässlich der Dreihundertjahrfeier des Oldbenburgischen Grafengeschlechts auf dem Königsthron von Dänemark und Norwegen.

Der musikalische Grenzgang von Hamburg ins benachbarte Altona des Ensembles barockwerk hamburg unter seiner Leiterin Ira Hochman kann als ebenso gelungen bezeichnet werden wie jener Georg Philipp Telemanns. Das doppelt besetzte Vokalquartett wird von einem ebenso überschaubar besetztem Instrumentalensemble begleitet. Unter Ira Hochmans engagierter Leitung gelingt die Darstellung sowohl der repräsentativen wie auch der innigeren, religiös motivierten Aspekte der prachtvollen Festmusik von 1760. Die für das Christianeum geschriebene Ode präsentiert sich gegenüber dem pompösen Schwesterwerk als nahezu kammermusikalisches Kleinod – auch hier gelingt den Musikern eine eindringliche Gestaltung. So ist diese CD als besondere Facette in der Diskographie des unerschöpflichen Telemannschen Œuvres wärmstens zu empfehlen. Sie wird mit Sicherheit häufiger zur Ergötzung ihrer Besitzer erklingen – so ist es jedenfalls dem Rezensenten während der Verfertigung seiner Besprechung ergangen.

Zu loben ist ebenfalls die Klanggestalt dieser Einspielung: Sie besitzt räumliche Tiefe und stellt einen vollen Gesamtklang dar, ohne dabei die Abbildung der einzelnen Stimmen aus dem Fokus zu verlieren.

Detmar Huchting [17.08.2017]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Georg Philipp Telemann
1Die dicken Wolken scheiden sich TWV deest (Altonaer Festmusik zur Hundertjahrfeier der Erbsouveränität des dänischen Königshauses am 16. Oktober 1760) 00:43:38
17Nunc auspicato sidere TWV deest (Ode auf König Friedrich V. von Dänemark für das Christianeum in Altona) 00:09:55

Interpreten der Einspielung

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