Dance Passion
Ars Produktion ARS 38 183
1 CD/SACD stereo/surround • 78min • 2015
19.02.2016
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
„Nichts ist dem Menschen so unentbehrlich wie der Tanz“ – das formulierte Molière zweifellos mit ehrlicher Überzeugung. Freilich kam er damit auch der geradezu fanatischen Begeisterung Ludwigs XIV. entgegen, dem wir alle – das heißt alle Verehrer und Praktikanten des Klassischen Balletts – die vertrackten, anmutigen und bisweilen auch unnatürlichen Figuren des professionellen Tanzes verdanken – zumindest aber deren Institutionalisierung bis zum heutigen Tag. Ich entnehme das Molière-Zitat der Ars-Produktion-CD „Dance Passion“ – und dem Begleitheft auch dazu absolut passend ein Foto der ausführenden und nach Kräften auch interpretierenden mexikanischen Pianistin, das sie an einem nicht allzu großen Flügel auf Spitzenschuhen abgebildet zeigt. Ein hübscher Effekt, aber ihr buntes, durchaus eigenwillig ausgewähltes „Tanz und Leidenschaft“-Repertoire hat nun fast gar nichts mit klassischem Spitzenschuh-Vokabular zu tun. Schon gar nicht mit Mazurken und mit der Es-Dur-Polonaise (op. 22) von Chopin. Und auch nicht mit spanischen und südamerikanischen Stücken von de Falla, Albéniz, Ginastera oder Nazareth.
Abgesehen von dieser tanzethnologischen Unschärfe bietet Leticia Gómez-Tagle eine erkleckliche Anzahl an klaviertänzerischen Ungewöhnlichkeiten. Im Speziellen handelt es sich sogar um Neues. Hübsche, anmutige, saftige Kleinigkeiten von Moises Moleiro, Arturo Márquez und von ihrem Vater Hugo Gómez Tagle Y del Valle.
Letcia Gómez-Tagle geht an die jeweils gestellten Aufgaben mit gleichsam furchtlosem Engagement heran. Sie ist – das zeigen vor allem die zurückhaltenden Themen – keine pianistische Vertreterin des modulatorischen Feinsinns, der raffinierten Zwischentöne, schon gar nicht des linearen Verzauberns, wie es etwa in den melodischen Erleuchtungen des Gluckschen „Reigen“ zum echten Resultat „seliger Geister“ führen würde. Ich empfehle in dieser Hinsicht Yuja Wangs DG-Einspielung in all ihrer biegsamen, werbenden, ja fast schon irrealen und zugleich klavierkörperlichen Sinnlichkeit. Gleichwohl: die Polonaise aus Chopins op. 22 gelingt Leticia Gómez-Tagle mit deutlichem Nachdruck auf das rhythmische Potenzial. Die rasanten Skalen kommen prägnant, aber alles wirkt auch ein wenig – und manchmal auch zu heftig – in Richtung robuste Mechanik hin zentriert. Wer immer sich davon nicht irritiert fühlt, der sollte nicht zögern diese CD in Erwägung zu ziehen. Denn immerhin lernt man ein Stück des österreichischen Komponisten Andreas Neubauer kennen – und auch Leticia Gómez-Tagles eigene Transkription eines Tanzes von Arturo Márquez, den sie in der originalen Orchesterfassung unter der Leitung von Gustavo Dudamel kennen gelernt hatte.
Vergleichseinspielungen; Brahms, Katchen (Decca LP 60DA 261-9, bzw. Philips 456 856-2); Gluck/Sgambati, Y. Wang (DG 479 0052).
Peter Cossé † [19.02.2016]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Franz Liszt | ||
1 | Soirées de Vienne Nr. 6 (Valse-Caprice nach Franz Schubert) | 00:06:48 |
Frédéric Chopin | ||
2 | Mazurka cis-Moll op. 30 Nr. 4 – Allegretto | 00:03:50 |
3 | Mazurka a-Moll op. 17 Nr. 4 | 00:03:39 |
4 | Andante spianato et Grande Polonaise brillante Es-Dur op. 22 | 00:14:10 |
Johannes Brahms | ||
5 | Ungarischer Tanz Nr. 1 g-Moll für Klavier – Allegro molto | 00:03:05 |
6 | Ungarischer Tanz Nr. 2 d-Moll – Allegro non assai | 00:02:56 |
Manuel de Falla | ||
7 | Danza del molinero | 00:02:44 |
Isaac Albéniz | ||
8 | Suite Espagnole T 61 | 00:04:52 |
Andreas Neubauer | ||
9 | Tango-Space | 00:04:57 |
Alberto Ginastera | ||
10 | Malambo op. 7 | 00:02:29 |
Astor Piazzolla | ||
11 | Verano Porteño | 00:04:11 |
Moisés Moleiro | ||
12 | Joropo | 00:03:19 |
Ernesto Julio Nazareth | ||
13 | Perigoso (Tango brasileiro) | 00:03:24 |
Manuel Maria Ponce | ||
14 | Malgre tout (Habanera) | 00:03:05 |
Hugo Gómez Tagle y del Valle | ||
15 | Si ésto es amor (Bolero) | 00:01:59 |
Arturo Márquez | ||
16 | Danzón Nr. 2 | 00:08:44 |
Christoph Willibald Gluck | ||
17 | Reigen seliger Geister (aus: Orpheus und Eurydike) | 00:03:05 |
Interpreten der Einspielung
- Leticia Gómez-Tagle (Klavier)