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Besprechung CD

Erland von Koch

Symphony No. 3 • Sinfonia seria

BIS 2169

1 CD • 63min • 2011, 2013

01.02.2016

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Erland von Koch (1910-2009) erreichte unter den vier herausragenden Komponisten der zweiten Generation der schwedischen klassischen Moderne (Lars-Erik Larssson, Dag Wirén, Gunnar de Frumerie) das bei weitem höchste Alter und komponierte noch mit weit über neunzig Jahren. Bekannt ist er vor allem für einige seiner früheren und mittleren Werke, die eher der unterhaltenderen Orchestermusik aus dem nordischen Raum zuzuordnen sind, etwa die einst unter Celibidache uraufgeführte Schwedische Tanzrhapsodie oder das hier vorliegende Nordische Capriccio. Sein Spätwerk wurde kaum noch zur Kenntnis genommen, und als Sinfoniker hat man ihn ohnehin nie ernst genommen oder gar gewürdigt. Dass diese Haltung der Kenner und Programm-Macher einzig Vorurteilen oder glatter Ignoranz entsprang, wird überdeutlich, wenn man vorliegende Ersteinspielungen der 3. und 4. Sinfonie anhört. Es handelt sich in beiden Fällen um so virtuos gearbeitete wie eigentümliche und inspirierte Werke, die ebenso gut heute zu den bekannteren nordischen Sinfonien der klassischen Moderne zählen könnten. Beide sind dreisätzig, knapp, stringent und konzise geformt, abwechslungsreich, reich im Ausdruck, lebendig im Rhythmus, unmittelbar fasslich in der oftmals kanonisch gearbeiteten Kontrapunktik, und dramaturgisch in den scharfen Gegensätzen und teils interessant verschränkten Temporelationen durchweg fesselnd. Auch die Orchestration ist auf exquisitem Niveau, ohne sich in Effekthascherei zu verlieren. Interessant ist stilistisch die authentische Durchtränkung von wildromantischem Empfinden und neuer Sachlichkeit in der Anlage und unsentimentalen Formulierung.

Erland von Kochs Vater Sigurd war ein feiner nationalromantischer Komponist. In den dreißiger Jahren studierte Erland in Berlin bei Paul Höffer, einem heute fast ganz vergessenen, ausgezeichneten Komponisten der verhalten modernen Gegenbewegung zum protzigen Einheitszwang des Dritten Reichs. Auf Hindemiths Rat hin vertiefte Erland sich in die heimische Folklore, die er entweder auf erfrischend unbefangene oder in chromatisch expressiv abgewandelter in seinen Werken einbringt. Zu ersterer Kategorie gehört hier das frühe Nordische Capriccio, sein großer Hit von 1943. Von Koch liebte den Drive punktierter Rhythmen wie auch die metrischen Ostinato-Wirkungen, und er liebte es, als Gegensatz dazu breit angelegte modale Melodik darüberzulegen.

Die Dritte Sinfonie von 1948 ist vollkommen unbekannt und überrascht mit einer Verve und auch bekenntnishaften Tiefe des Ausdrucks. Hier stimmt alles, die Verwegenheit des etwas rustikalen Aufbegehrens ist in bezwingende Form gegossen, der langsame Satz herrlich ausdrucksvoll. Die Vierte seiner sechs Sinfonien, Sinfonia seria betitelt, vollendete von Koch 1962 und war überzeugt, dass sie sein Meisterwerk sei. Der Höreindruck bestätigt das, wobei man natürlich viel mehr von ihm kennen müsste. Leider lässt Per Hammarström die Adagio-Abschnitte im Mittelsatz nicht mit der erforderlichen Breite musizieren, wodurch die Kontraste nivelliert werden und der innere Sinn der Musik nicht zum Tragen kommen kann (und dem Booklet, das einen sehr guten, eher knappen Einführungstext vom Dirigenten enthält, ist vorzuwerfen, dass bis auf eine Ausnahme selbst die groben Tempo-Modifikationen innerhalb der Sätze nicht ausgewiesen sind). So ausgezeichnet das Sinfonieorchester des Schwedischen Rundfunks ist, wäre doch eine eingehendere Erarbeitung wünschenswert gewesen, sowohl die Tempo-Übergänge betreffend als auch viele zu kurz gespielte Phrasenschlussnoten. Die Sinfonia seria ist ein zutiefst ernst gestimmtes, unkonventionell gebautes Werk, aus welchem der langsame Mittelsatz besonders herausragt, und es ist zu wünschen, dass sie gelegentlich auch im Konzertsaal zum Erklingen kommt, und zwar auch außerhalb Schwedens. Auch das am spätesten entstandene Werk dieser Zusammenstellung, die einsätzigen Impulsi mit ihrer obsessiven Rhythmik und ihrem hintersinnigen Humor, der vielleicht nur beiläufig durchscheint, sind ein ausgezeichnetes Werk. Das Klangbild ist auf BIS-üblichem hohen Niveau, es gibt nur wenige instrumentatorisch problematische Stellen, wo die Struktur nur mit Mühe klar zu erkennen ist.

Christoph Schlüren [01.02.2016]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Erland von Koch
1Sinfonie Nr. 3 op. 38 00:23:28
4Sinfonie Nr. 4 op. 51 (Sinfonia seria) 00:20:23
7Impulsi 00:11:17
8Nordiskt Capriccio op. 26 00:06:21

Interpreten der Einspielung

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