cpo 777 947-2
2 CD • 1h 36min • 2014
10.02.2016
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Zu seinen Lebzeiten war er hochgeschätzt, seine Werke wurden in ganz Europa aufgeführt – aber die Nachwelt stellte ihn in den Schatten des großen Johann Sebastian Bach und sah in ihm einen Vertreter des „Verfalls“ der protestantischen Kirchenmusik: Gottfried August Homilius (1714-1785). Aus seinem umfangreich Œuvre, darunter 11 Oratorien, 181 Kantaten und 64 Motetten, sind am meisten die letzteren durch die deutschen Kirchenchöre kontinuierlich gepflegt worden; Homilius‘ andere Werke wurden erst in der jüngeren Zeit wiederentdeckt, so auch das hier eingespielte „Singgedicht“, der am Karfreitag 1776 in Dresden uraufgeführte Messias.
Gewiß soll man hier nicht nach den überwältigenden Dimensionen des gleichnamigen Werkes von Händel, ja schon gar nicht der Passionen von Bach verlangen; dafür besaß der musikalische Stil zu Homilius‘ Zeit eben einen anderen musikalisch-ästhetischen Geschmack. Chorsätze sind selten; stattdessen dominieren ausgedehnte, oft „accompagnato“ gestaltete Rezitative, denen kommentierend-betrachtende Arien folgen – in beiden dieser Satztypen ist die Vermischung des protestantischen oratorischen Stils und der spätbarocken Oper unverkennbar.
Diese stilistische Vielfalt kommt in der Aufführung unter der Leitung von Matthias Jung bestens zur Geltung. Die Rezitative erfahren einen ausdrucksvollen dramatischen Impetus wie etwa in „Nun, Kinder, werdet ihr noch kurze Zeit mich sehen“ (CD 1, track 6) oder in „Hier blutet nun das Opfer“ (CD 2, tr. 3); solche Arien wie „Herr jener selgen Ewigkeiten“ (CD 1, tr. 12) zeugen wiederum von Homilius‘ gekonntem Umgang mit der Gesangskunst der damaligen Oper. Und immer wieder erlebt man durchaus originelle Effekte, wie zum Beispiel im Choral „Er entäußert sich der Freuden“ (CD 1, tr. 10) für ein Pizzicato-begleitetes Sopransolo.
Die Wiedergabe läßt kaum Wünsche offen. Die Batzdorfer Hofkapelle liefert ein vitales, spieltechnisch tadelloses Instrumentalspiel; besonders pointiert erklingt die Begleitung der Arie „Gott, Schöpfer der Menschen“ (CD 1, tr. 9). Das Sächsische Vocalensemble bietet (wie immer) eine in Stimmproportionen optimal ausgewogene Leistung, und auch die Soloparts sind hervorragend besetzt. Der einzige Wermutstropfen ist ausgerechnet der Schlußsatz des Werkes, in dem die Sopranistin ihre Choralmelodie ohne jegliche Textverständlichkeit selig schmelzend dahinflötet.
Dr. Éva Pintér [10.02.2016]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Gottfried August Homilius | ||
1 | Der Messias HoWV I.6 für Soli, Chor und Orchester (Ein Singgedicht) | 01:36:13 |
Interpreten der Einspielung
- Meike Leluschko (Sopran)
- Friederike Beykirch (Sopran)
- Annekathrin Laabs (Mezzosopran)
- Tobias Grahl (Tenor)
- Tobias Berndt (Bass)
- Sebastian Wartig (Bass)
- Sächsisches Vocalensemble (Chor)
- Batzdorfer Hofkapelle (Ensemble)
- Matthias Jung (Dirigent)