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Besprechung CD

Shostakovich

Under Stalin's Shadow

DG 479 5059

1 CD • 65min • 2015

01.09.2015

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Die knirschenden Dissonanzen, mit denen die Passacaglia aus Schostakowitschs Lady Macbeth von Mzensk – sie steht am Anfang der vorliegenden CD – beginnt, lassen keinerlei Zweifel: Andris Nelsons kennt keine interpretatorischen Halbherzigkeiten! Bereits in dieser Passacaglia werden die Stärken dieses zu Recht gefeierten Dirigenten evident – nämlich einerseits, die Extremwerte einer Komposition kompromisslos zu verwirklichen, andererseits, dieses Operieren mit Extremen stets mit absolut souveräner Verwirklichung der architektonischen Prinzipien der Musik zu untermauern. Gnadenloser und gleichzeitig logischer, unausweichlicher lässt sich dieses sinfonische Herzstück von Schostakowitschs ehemals heiß umstrittener Oper kaum realisieren.

Die CD markiert den Beginn eines Schostakowitsch-Zyklus, den Nelsons mit „seinem“ Boston Symphony Orchestra für die Deutsche Grammophon im Laufe der nächsten Jahre aufzuzeichnen gedenkt. Der Titel „Under Stalin′s Shadow“ bezieht sich auf das – gelinde gesagt: problematische – Verhältnis Schostakowitschs zu Stalin, das mit der „Lady Macbeth“ einen Anfang nahm: Der Verriss der Oper in der „Prawda“, der höchstwahrscheinlich von Stalin persönlich in Auftrag gegeben wurde, markierte den Beginn der mannigfachen Probleme mit des System, die den Komponisten sein Leben lang begleiten sollten. Und die Zehnte Sinfonie – uraufgeführt nach Stalins Tod – symbolisiert Schostakowitschs Überleben der bitteren Jahre, auf rein musikalischer Ebene verdeutlich durch das Ton-Monogramm D-ES-C-H.

Doch letztlich hätte es die Einspielung dieser außermusikalischen Umklammerung nicht bedurft, denn auch in der Sinfonie setzen sich die bereits in der Passacaglia evidenten interpretatorischen Tugenden fort: Bei aller Intensität, die Nelsons in allen vier Sätzen der Sinfonie generiert, opfert er die Struktur niemals dem Effekt. Durch seine Zielgerichtetheit, vor allem aber durch absolute rhythmische und artikulatorische Präzision, verschafft er dem Werk, das unter weniger berufenen Händen leicht etwas amorph klingen kann, zusätzliche Ecken und Kanten – was dazu führt, das etwa der Kopfsatz trotz recht breit genommener Tempi niemals aus dem Fluss gerät. Der starke Akzent, der Nelsons auf das rhythmische Element legt, kommt auch den übrigen Sätzen zugute – nicht nur dem wahnwitzigen Scherzo, sondern vor allem dem folgenden Allegretto, dessen schwer greifbare, untergründige Bedrohlichkeit selten so überzeugend verwirklicht wurde. Und bei aller Exaktheit und Präzision lässt Nelsons der Musik stets auch Raum zu Atmen – vor allem in den ausgedehnten Holzbläser-Soli der Ecksätze. Die exzeptionelle Qualität des Orchesters sowie der Klangtechnik – alle dynamischen Schattierungen sind plastisch und ohne Verzerrung eingefangen – machen das Glück perfekt. Oder zumindest fast: Der am Ende der Sinfonie noch vor dem Verklingen des Nachhalls losbrandende Applaus war im Konzert (es handelt sich um Live-Aufnahmen) zweifelsohne gerechtfertigt, aber auf der CD nervt er einfach nur – zumindest den Rezensenten.

Thomas Schulz [01.09.2015]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Dimitri Schostakowitsch
1Passacaglia (Zwischenspiel zum 2. Akt - aus: Lady Macbeth von Mzensk) 00:08:11
2Sinfonie Nr. 10 e-Moll op. 93 00:56:39

Interpreten der Einspielung

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