Anzeige

Teilen auf Facebook RSS-Feed Klassik Heute
Klassik Heute - Ihr Klassik-Portal im Internet

CD • SACD • DVD-Audio • DVD Video

Besprechung CD

Maurice Ravel Complete Works for Violin and Piano

Lena Neudauer

hänssler CLASSIC 98.002

1 CD • 71min • 2012

28.02.2013

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Mit Person und Persönlichkeit der 1984 in München geborenen Geigerin Lena Neudauer ist der seltene Fall gegeben, dass eine junge Musikerin sowohl beim Vater als auch bei dessen Sohn studiert hat. Mit elf Jahren kam sie am Salzburger Mozarteum in die Klasse von Helmut Zehetmair, später studierte sie bei seinem so erfolgreichen Sohn Thomas – und auch bei Christoph Poppen. Dies sind nicht nur dem Status nach im pädagogischen Gewerbe erste Adressen, es handelt sich um eine offenbar förderliche Mischung aus magistraler Gründlichkeit, künstlerischer Vielseitigkeit und – dies nicht nur nebenbei – auch um Namen von jener Strahlkraft, die im Können und ehrlichen Wollen begründet ist und nicht vom kurzzeitigen Erfolg in flatterhaften Medien.

An der Seite von zwei Kollegen mit bestem instrumentalem Leumund hat sich Lena Neudauer nun Maurice Ravels kammermusikalischem Werk für Violine, Cello und Klavier in wechselnden Besetzungen vorgenommen, wobei sicher mit guten Gründen das Klaviertrio unberücksichtigt blieb. Aufgrund des hier im Spielerischen wie im Darstellerischen erreichten Niveaus habe ich aber starkes Interesse, das genannte Werk einmal in dieser Formation auf CD zu erleben.

Ich muss gestehen, dass ich beim ersten Zugriff auf die klangtechnisch natürlich wirkende, dynamisch feinstufige Hänssler-CD Ravels Konzertrhapsodie Tzigane gewählt habe – der Cellist Julian Steckel möge es mir verzeihen! Das dem in der Zigeunermusik bevorzugten „ungarischen" Zweiteiler-Modell – nämlich „Langsam-Frisch" – nachempfundene Werk gibt zunächst der Geige alle Möglichkeiten, sozusagen instrumentalisierte Gefühle und ausgereifte, zuweilen geradezu verwegene Technik zu zeigen. Lena Neudauer hütet sich, den Bogen kämpferischen Zugriffs und Strichs zu überspannen. Aber die Kultiviertheit ihres Tons und ihr gutes Benehmen in allen Fragen der Phrasierung hindern sie nicht, gleichsam in direkter Rede den Hörer anzusprechen. Das ausführliche, abenteuerliche Solo durch die Seelenlandschaft leidender, aggressiver Volkstümlichkeit im Schulterschluss mit urbanem Musikgeschmack zeigt die Geigerin in jener Mischung aus Gelassenheit und Feuer, die im Folgenden ein erfolgreiches Zusammenspiel mit dem verzögert einsetzenden Pianisten erwarten lässt. Paul Rivinius nun blendet sich gewissermaßen mit Cymbal-Klängen einfühlsam, aber doch bestimmt in das farbige Geschehen ein und steuert dann an der Seite Lena Neudauers das rassige Stück zum fulminanten Ende.

Mit der Duo-Sonate für Violine und Violoncello habe ich in den ersten Jahren meiner hörenden Tätigkeit einige Schwierigkeiten gehabt. Sie schien mir nicht von jener thematischen Eindringlichkeit zu sein, wie die Violinsonate von 1927 und schon gar nicht so wichtig und fesselnd wie die berühmten Werke für Klavier solo. In späteren Jahren wurde ich eines Anderen, eines Besseren belehrt. Und wenn ich nicht, wie etwa in Lockenhaus, mehrere Aufführungen auf hohem Niveau erlebt hätte, dann wäre es diese Einspielung mit Lena Neudauer und Julian Steckel, die mir diese vier Kapitel kunstvoller Dialog-Verwebung erstmals nahe gebracht hätte. Die Beiden leuchten Linien und klangliche Mischungen mit ausgeprägtem Sinn für abgestufte Klarheit aus. Zugleich wirkt der Vortrag lebendig und bei aller Transparenz der Diktion niemals skelettartig auf nackte Strukturen eingefroren.

Die drei Musiker beweisen Wandlungsfähigkeit in allen stilistisch so verschiedenen Anforderungen vom Habanera-Rhythmus bis zum Blues-Feeling, von den rhapsodischen Roma- und Sinti-Impulsen bis zur Musikalisierung alter aramäischer Gebetstradition, die – als Bestandteil der jüdischen Liturgie – auch in Leonard Bernsteins dritter Sinfonie thematisiert wird. Eine gelungene Einspielung im Grenzbereich von instrumentaler Einzelleistung und kammermusikalischer Einfühlung in die unterschiedlich geformten Aufgaben.

Vergleichsaufnahmen: Tzigane: D. Sitkovetsky - Bella Davidovich (Orfeo S 108 841 A), Dumay - J.-Ph. Collard (Kl.), (EMI CDM 7 69464 2), Francescatti - Bagnoli (Besancon 9.9..1958 / Série Contrepoint VG 672010), Henkel - Chermyavska (The spot records 28869-5), Midori - McDonald (Carnegie Hall 21.10.90 /Sony SHV 46394), Sonate (Duo) für Violine und Cello: R. u. G.Capucon (Virgin 545492 2), Kennedy - Harrell (EMI 556963 -2), Eggebrecht - Kupsa (Troubadisc TRO-CD 01423), R. Oleg - Wieder-Atherton (RCA 574262), Wang - Vogler (Berlin classics 0017032 BC).

Peter Cossé † [28.02.2013]

Anzeige

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Maurice Ravel
1Sonate op. posth. für Violine und Klavier 00:13:05
2Pièce en forme de Habanera
3Berceuse sur le nom de Fauré (1922) 00:02:39
4Sonate für Violine und Violoncello 00:19:08
8Kaddish 00:04:55
9Tzigane – Rhapsodie für Violine und Klavier 00:10:30
10Sonate Nr. 2 G-Dur op. 7 für Violine und Klavier 00:17:19

Interpreten der Einspielung

Das könnte Sie auch interessieren

16.03.2022
»zur Besprechung«

Nicolaus Bruhns, Cantatas and Organ Works Vol. 1
Nicolaus Bruhns, Cantatas and Organ Works Vol. 1

12.08.2020
»zur Besprechung«

Johann Sebastian Bach, Concertos for Harpsichord and Strings Vol. 1
Johann Sebastian Bach, Concertos for Harpsichord and Strings Vol. 1

10.04.2020
»zur Besprechung«

Johann Sebastian Bach, St Matthew Passion BWV 244
Johann Sebastian Bach, St Matthew Passion BWV 244

18.02.2020
»zur Besprechung«

Ludwig van Beethoven, Symphony No. 9 in D major / BIS
Ludwig van Beethoven, Symphony No. 9 in D major / BIS

Anzeige

Klassik Heute - Ihr Klassik-Portal im Internet

Anzeige