Acousence Classics ACO-CD 21912
1 CD • 51min • 2011
15.08.2012
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
War Johannes Brahms erstes Klavierkonzert in der Publikumsgunst ein ziemlicher Flop, so ließ sich der Komponist für eine Neuauflage zwei Jahrzehnte Zeit, um dann im Entstehungszeitraum zwischen 1878 und 1881 Bilanz seines musikalischen Schaffens zu ziehen. Für viele ist sein zweites, diesmal bei seiner Uraufführung enthusiastisch gefeiertes Klavierkonzert eines der großartigsten Vertreter seiner Gattung überhaupt. Typisch für diese ist das viersätzige, über 50 Minuten Spieldauer beanspruchende Werk keineswegs: Denn Johannes Brahms gibt weiten sinfonischen Bögen allen Raum und jeder einzelne Satz stellte einen organischen Kosmos für sich dar.
Es gibt einschlägige Referenzaufnahmen dieses herausfordernden Werkes. Eine Neueinspielung stößt also auf das berühmte kritisch-vergleichende Ohr. Und da machen die Duisburger Philharmoniker und die Pianistin Anna Malikowa eine überzeugende Figur, wenn sie sich dem Sujet respektvoll und zugleich stark aus dem Geist der Gegenwart heraus nähern. Und das Acouscence-Label hat wiederum einen Konzertmitschnitt veröffentlicht, um so die konzentrierte, unwiederbringliche Aura der Live-Situation einzufangen.
Anna Malikovas Spiel verströmt unprätentiöse Wahrhaftigkeit. Sie schöpft die Klangräume aus und spielt voller Leichtigkeit, bietet aber auch schwungvolle Vehemenz auf, um den Reichtum an Affekten und Stimmungen in Szene zu setzen. Vor allem in den temperamentvollen Passagen zeigt sich ihr Spiel so plastisch verzahnt mit dem zupackend agierenden Orchester, dass immer wieder der Eindruck eines enthusiastisch auftrumpfenden Kräftemessens entsteht. Doch bei aller Vehemenz wird auch kontemplativ auf alle Seelenregungen geblickt, welche die komplexe Partitur ja in verschwenderischer Fülle offenbart.
Naturverbunden-idyllisch mutet das Hornmotiv an, mit welchem dieses Opus 83 eröffnet. Doch geht hieraus etwas weitaus vielfältigeres hervor. Spektakuläres Glanzstück dieser Komposition ist der zweite Satz - dieses kollossale, von dramatischer Wucht durchzogene und trotzdem so klar artikulierte Scherzo. Wie sehr hat Brahms doch ironisch untertrieben, als er dieses Scherzo als „klein und zart“ bezeichnete!
Darlington und die Duisburger Philharmonikerzeigen einen starken Hang zum blühenden Schönklang. Malikovas Spiel ist in diesem Moment beredt und kantabel. Die aus Usbekistan stammende Pianistin, die mit dem ARD-Wettbewerb ihren internationalen Durchbruch feierte, weiß, wie der Flügel zum Singen gebracht werden kann.
Leuchtendes, silbrig glänzendes Figurenwerk aus den Händen Malikovas eröffnet tänzerisch-leicht den Finalsatz. Darlington mit den Duisburger Sinfonikern und die Pianistin schwören sich auf dieser Aufnahme einmal mehr auf einen gemeinsamen, von hohem intuitiven Gespür gezeichneten organischen Atem ein. Alles hinterlässt den Eindruck einer ausgewogenen Synthese zwischen sensibler Weichheit und vielen Akzentuierungen der reichhaltigen architektonischen Aspekte. Alles in diesem Zusammenwirken fließt geschmeidig dahin, so dass der Eindruck einer Brahms-typischen Sprödigkeit weit weg erscheint. Dafür darf die Musik und deren Empfindungswelt sehr unmittelbar zum Hörer sprechen.
Stefan Pieper [15.08.2012]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johannes Brahms | ||
1 | Konzert Nr. 2 B-Dur op. 83 für Klavier und Orchester | 00:51:10 |
Interpreten der Einspielung
- Anna Malikova (Klavier)
- Duisburger Philharmoniker (Orchester)
- Jonathan Darlington (Dirigent)