CAvi-music 8553223
1 CD • 54min • 2009
28.06.2011
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Zu loben ist der 29jährige Cellist Julian Steckel für seine Werkwahl. Es sind einmal nicht die Bestseller des einschlägigen Repertoires, sondern drei prononcierte, zudem eher mässig populäre Kostproben des 20. Jahrhunderts. Das substantielleste Werk ist zweifellos Ernest Blochs Rhapsodie Schelomo (1916); der nach den USA ausgewanderte Genfer Komponist träumte ja immer von einer hebräischen Musik, die zwar orientalische Elemente aufgreift, doch eher ins weite Gebiet einer imaginären Folklore fällt. Wie dem auch sei: Schelomo ist ein aussagekräftiges Stück, König Salomo (das ist das Cello, zunächst hatte der Komponist an Gesang gedacht) erhebt seine teils sinnliche, teils melancholische Stimme. Eigenartigerweise hat der unbestreitbar hochbegabte Julian Steckel hier seine größte Mühe – die Mühe nämlich, den weiten Bogen über die tönenden Reflexionen zu spannen.
Da liegen ihm die andern Stücke, die eher einer äußerlichen als innerlichen Attitüde vertrauen, um einiges besser. Steckel kann die bravouröse Allüre ausspielen und sich einen vitalen Dialog mit der Rheinischen Philharmonie leisten, zudem davon profitieren, dass das Orchester mit Daniel Raiskin von einem einstigen Bratschisten geleitet wird, der natürlich um die Befindlichkeit eines Streichersolisten weiß. Das Cellokonzert von Berthold Goldschmidt erweist sich als Folge von vier prägnanten Charakterpiècen mit gelegentlichem Bezug zu Bach. Als es der Komponist 1953 im englischen Exil schrieb, war er auf dem Kontinent kaum mehr bekannt. In den neunziger Jahren, kurz vor seinem Tod, erlebte er zwar eine kurze Renaissance, die inzwischen wieder abgeflaut scheint. Gut also, ihn nicht ganz der Vergessenheit anheim fallen zu lassen.
Das kurioseste Zeugnis steht – wohl nicht ganz zufällig, denn es ist der spektakulärste Beitrag – an der Spitze: das Cellokonzert von Erich Wolfgang Korngold. Das einstige Wiener Wunderkind war in den dreißiger Jahren zum Großmeister der Filmmusik in Hollywood avanciert. Immerhin hatte er eine besondere Klausel in seinen Verträgen: dass er seine Kinomusik auch in „seriösen" Werken für den Konzertsaal verwenden durfte. So entpuppt sich das Cellokonzert als Seitenast seiner allerletzten Filmpartitur. Deception war 1946 ein ziemlich schreckliches Melodrama: eine Musikerin (Bette Davis) zwischen ihrem eitlen Ex-Geliebten, einem genialen Komponisten (Claude Rains), und ihrem Ehemann, einem bejubelten Cellovirtuosen (Paul Heinreid). Natürlich schreibt der erstere ein Konzert für den letzteren: die Tragödie ist vorprogrammiert. Im Film hören wir eine sechsminütige Passage, die Korngold für den Konzertsaal zur doppelten Länge erweitert hat. Hier darf sich der Solist als hochkarätiger Virtuose wie als schwelgerischer Sensibilist gebärden – Julian Steckel ergreift die Chance und demonstriert auf engstem Raum und in brüsken Stimmungswechseln seine vielfältigen Qualitäten.
Mario Gerteis † [28.06.2011]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Erich Wolfgang Korngold | ||
1 | Konzert C-Dur op. 37 für Violoncello und Orchester | 00:12:11 |
Ernest Bloch | ||
2 | Schelomo – Hebräische Rhapsodie für Violoncello und Orchester | 00:20:55 |
Berthold Goldschmidt | ||
3 | Konzert op. 23 für Violoncello und Orchester | 00:20:57 |
Interpreten der Einspielung
- Julian Steckel (Violoncello)
- Staatsorchester Rheinische Philharmonie (Orchester)
- Daniel Raiskin (Dirigent)