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Besprechung CD

Prokofiev

Piano Sonatas Nos. 1-9

Ondine ODE 1103-2Q

4 CD • 4h 24min • 1988, 1989, 1990, 1997

20.06.2011

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Gemeinsam in der Jury des letzten Bremer Klavierwettbewerbs sitzend, gewann ich von Matti Raekallio, dem finnischen Pianisten und Pädagogen, den Eindruck eines überlegt sondierenden, in sich gefestigten, oft gemütlich wirkenden, insgesamt sehr sympathischen Kollegen mit starken Merkmalen typisch finnischer Bedächtigkeit. Eine seiner früher veröffentlichten Prokofieff-Aufnahmen (Ondine ODE 898-2), die in die hier vorliegende Box miteinbezogen wurden, hatte ich längst aus Augen und Ohren verloren. Umso erstaunter war ich nun, als ich Raekallio als bisweilen geradezu entfesselten, bisweilen gar über das expressive Ziel in Tempo und gestalterischem Eifer hinausschießenden Interpreten zur Kenntnis nehmen durfte. Dies gilt vor allem für die 1988 in der Järvenpää Hall eingespielten Sonaten opp. 82-84! In den Ecksätzen der Sonaten op. 82 und 83 ist Raekallio mächtig auf der eiligen, drängenden, ja rasenden Seite – und er vergibt dabei die Chance, ätzende, perkussive Momente im thematischen, aber auch in den durchführenden Sektoren plastisch, sozusagen verständlich auszuleuchten. Besonders geschleudert und wie unter großem Profilierungsdruck herausgebeutelt wirkt der Finalsatz der Sonate op. 82, aber auch das Finale von op. 84 entbehrt des klärenden Zugriffs, selbst wenn man jedem Pianisten zugestehen möchte, dass er hier „Vivace" aus sich herausgeht und brillant dem mit vielen repetierten Noten ausgestatteten Endsieg entgegenfliegt.

Beherrschter, klarer in der Definition der Satzcharaktere gelingen Raekallio die Sonaten Nr. 1-5 (AD: 1989 und 1990). Hier sondiert er überzeugend zwischen den Marcato-Strecken, melodischen Inventionen und tänzerischen Mobilitäten, lässt sich nicht zu Übertreibungen hinreißen. Selbstverständlich ist es erlaubt, Prokofieffs Musik auch glühend, in ihren technischen Problemstellungen sozusagen am Limit anzufassen – wie etwa im Verlauf der zum Teil vertrackten Etüden op. 2 –, aber eine gewisse Kühle und Distanziertheit sollten immer strategische Anhaltspunkte bleiben. In dieser Hinsicht gelingen Raekallio die Etüden im Ausgleich von impulsiver Rhythmik, von Finger technischer Verwegenheit und Kaltschnäuzigkeit, zutreffend im An- und Durchschlag auch die kaltherzigen Sarkasmen op. 17.

Die nicht mehr taufrische Edition ist jedem Hörer zu empfehlen, der alle neun Sonaten auf CD sein eigen nennen möchte – und darüber hinaus ein erkleckliches Maß an Prokofieff-Repertoire als Zugabe erhält.

Vergleichsaufnahmen: Sonaten Nr. 1-9: Petrov (Melodya), Sándor (FSM VXDS 121; Sonate op. 28: Gilels (Moskau 1984 /Melodya 10 01133), Cheung (DVD VAI 4427 /Miami 14.4.2005), Weissenberg (DVD Medici arts 3078048); Sonate op. 82: Richter (Philips 456 946-2; New York 1966 /RCA/BMG 09026 63844-2; Leningrad 1984 /Leningrad Masters LH 1324); Sonate op. 83: Richter (Philips 456 844-2), Pletnev (DG 457 588-2), Gould (Sony), Pogorelich (DG 459 045-2; Sonate op. 84: Richter (DG; Moskau 1974 /Doremi DHR-7806; Etüden op. 2: Fujiwara (Solstice SOCD 168), Saitkoulov (EMI 574018 2); Toccata op. 11: Tokarew (Sony/BMG 88697075832), Katsaris (piano 21 020-A ), Argerich (DG 477 5870), L. Berman (Budapest 1956 /Hungaroton HCD 31685); Visions fugitives op. 22: Koroliov (Tacet 32); Romeo und Julia op. 75: Roma (Challenge Classics CC 72154), Paley (Hänssler BLT-AP 10016), B. Chen (Somm CD 089), Chr. Park (DG 7596/476382-5).

Peter Cossé † [20.06.2011]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Sergej Prokofjew
1Klaviersonate Nr. 1 f-Moll op. 1 00:07:52
2Klaviersonate Nr. 2 d-Moll op. 14 00:18:36
6Klaviersonate Nr. 3 a-Moll op. 28 00:08:26
7Klaviersonate No. 4 c minor op. 29 (From the old notebooks) 00:17:38
10Klaviersonate Nr. 5 C-Dur op. 38 00:16:49
CD/SACD 2
1Klaviersonate Nr. 6 A-Dur op. 82 00:27:18
5Klaviersonate Nr. 7 B-Dur op. 83 00:18:01
8Klaviersonate Nr. 8 B-Dur op. 84 00:28:56
CD/SACD 3
1Klaviersonate Nr. 9 C-Dur op. 103 00:23:27
5Vier Etüden op. 2 00:10:17
9Toccata d-Moll op. 11 00:04:13
10Sarkasmen op. 17 00:12:05
CD/SACD 4
1Visions fugitives op. 22 00:26:01
21Erzählungen einer alten Großmutter op. 31 00:09:36
25Romeo und Julia op. 75 (Zehn Stücke für Klavier) 00:32:48

Interpreten der Einspielung

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