cpo 777 631-2
1 CD • 71min • 2010
31.05.2011
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Man muss nicht erst das Programm der vorliegenden cpo-Neuerscheinung mit je zwei Oboenkonzerten und Sinfonien des Haydn-Mozart-Zeitgenossen Rosetti hören, um sich von der Allegro-Frische oder dem Grazioso-Charakter der Andante-Sätze packen zu lassen. Kurt W. Meier als brillanter Oboist, die spürbare Spiellaune des Zürcher Kammerorchesters und allen voran das temperamentvolle Dirigat des Leiters Johannes Moesus bringen natürlich die Reize der Werke zur Geltung.
Der aus Böhmen stammende Schöpfer dieser Klänge, Antonio Rosetti (1750-1792), ist ein Phänomen und Unikum seiner Zeit. Mit sieben Jahren wurde er Jesuitenschüler in Prag, mit neunzehn „Weltgeistlicher mit Tonsur“, 1723 gehörte er zunächst als Diener, dann als Kontrabaßspieler, schließlich als Kapellmeister zur Hofhaltung des Grafen, dem späteren Fürsten in Oettingen-Wallerstein. Alle Quellen schweigen sich darüber aus (oder sind verloren gegangen), wann, wie und wo er zu einem Komponisten heranreifte. Immerhin würdigte ihn der Musikschriftsteller Daniel Schubart noch 1806 posthum als „einen der beliebtesten Tonsetzer seiner Zeit“. Seine Werke waren einst in Notendrucken europaweit verbreitet und wurden viel gespielt. Ebenso schnell aber gerieten sie in den Schatten der alles überragenden Klassiker und Romantiker. Dennoch geizt seit der „Wiedergeburt“ seiner Werke auch die aktuelle Musikwissenschaft nicht mit Lob: „er war einer der bedeutendsten Symphoniker der Epoche“, so Ludwig Finscher (in: Die Musik in Geschichte und Gegenwart, 1998)
War also Rosetti ein „Schlagerkomponist“ seiner Zeit, noch ehe dieser Begriff geboren war? In der Welt der Bücher würde man ihn als „Bestsellerautor“ bezeichnen. Vieles spricht dafür, denn jedes seiner Werke gehört aufgrund seiner klanglich verführerischen Gestaltungsmittel im besten Sinne des Wortes zu einer Art edelklassischer Unterhaltungsmusik. Haydn, Mozart und Zeitgenossen hatten dafür Begriffe wie Kassation, Divertimento, Serenade oder Divertissement parat. Rosetti dagegen versuchte mit offensichtlichem Erfolg, auch seine Sinfonien und Konzerte entsprechend „leicht“ zu formen. Die Interpreten der CD folgen dieser Devise des Komponisten stilgerecht, also nicht minder erfolgreich. Konzertanter Schwung, Heiterkeit, ja, Humor, Schönheit und Grazie der Interpretation sind auch ihr Leitmotiv.
Rosettis Erfolgsrezept lautet: Einsatz kurzer, charakteristischer, tänzerischer, volkstümlich-liedhafter, eingängiger Motive als elementare Werkbasis. Deren häufige, auch bohrende Wiederholung, mindestens zwei- bis viermal innerhalb einer Satzperiode, sollen die Zuhörer fesseln und erweisen sich oft genug als „Ohrwürmer“. Geschickte Verarbeitungstechniken mit wechselnden Harmonien, farbenreicher Orchesterbehandlung und überraschende Einschübe virtuoser Passagen verleihen dem Ganzen einen stets reizvollen, oft amüsanten Charakter. Sogar durch Generalpausen bringt der Komponist die Hörer zum Schmunzeln.
Fazit: Seit vierzehn Jahren bereitet der rührige Dirigent Johannes Moesus als Präsident der Internationalen Rosetti-Gesellschaft mit seiner Rosetti-Pflege den Klassikfreunden der Gegenwart wie einst einen ganz speziellen, delikaten Kunstgenuß. Gelungen! Eine vollständige Diskographie ist unter der Internet-Adresse www.rosetti.de zu finden.
Dr. Gerhard Pätzig [31.05.2011]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Antonio Rosetti | ||
1 | Konzert C-Dur Murray C29 Kaul III:32 für Oboe und Orchester | |
4 | Sinfonie F-Dur Murray A32 Kaul I:10 | 00:14:54 |
7 | Konzert C-Dur Murray C30 Kaul III:27 für Oboe und Orchester | 00:20:24 |
10 | Sinfonie D-Dur Murray A16 Kaul I:7 | 00:14:22 |
Interpreten der Einspielung
- Kurt Meier (Oboe)
- Zürcher Kammerorchester (Orchester)
- Johannes Moesus (Dirigent)