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Besprechung CD

Egon Wellesz

Werke für Kammerorchester

cpo 777 575-2

1 CD • 61min • 2009

09.12.2010

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Unter den besten der Schüler Arnold Schönbergs war Egon Wellesz (1885–1974) zwar nicht der berühmteste, doch wahrscheinlich der mit dem nachhaltigsten beruflichen Erfolg. Wie Anton Webern war Wellesz als Musikwissenschaftler Doktorand von Guido Adler in Wien, suchte jedoch gleichzeitig auch den privaten Unterricht bei Schönberg. Im Einklang mit der damaligen Forschungsprogrammatik arbeitete der Musikwissenschaftler Wellesz, wiederum wie Webern, zunächst über alte Musik; nach der Promotion über den italienischen Barock ging er sogar bis in die Byzantinistik zurück. Ähnlich wie viele andere Emigranten blieb er schließlich in der neuen Heimat; in Wellesz´ Fall war dies Oxford, wo er an der dortigen Universität lehrte.

Dass Wellesz umfangreiches Werk heute kaum mehr gespielt wird, ist schwer verständlich und eher der Unbarmherzigkeit der Musikgeschichte zuzurechnen. Vielleicht hat man gegenüber komponierenden Musikologen einen gewißen Argwohn, vielleicht konnten sich aber auch nach dem Krieg die jungen Komponisten bei Wellesz, der ja noch bis 1974 schrieb, weniger Anregungen holen als – zunächst – bei Weberns seriellen Techniken und dann auch bei Berg.

Wie die vorliegende vorzügliche Zusammenstellung fast aller kammerorchestraler Werke Wellesz’ demonstriert, schrieb er stets auf höchstem Niveau: Die Tonalität ist zwar nicht zwölftönig, übernimmt jedoch deren Farbigkeit; jede Stimme ist sehr rhetorisch gestaltet, die Musik kommuniziert deswegen auch mit dem nicht-geschulten Hörer; die formalen Proportionen sind sehr ausgewogen, häufig kleinteilig, was vielleicht auch daran liegt, daß die Musik häufig vom Tanz und damit von prägnanten Bewegungsabläufen inspiriert scheint. Lediglich die Rhythmik und Metrik ist in den frühen Stücken wie etwa dem „Persischen Ballett“ von 1920/24 oder der Violinsuite von 1924 noch etwas gerade, eher klassizistisch regelmäßig geprägt als rhapsodisch befreit. Doch besonders in den beiden Vokalwerken der Reifezeit, den Four Songs of Return für Sopran und Kammerorchester von 1961 und der Ode an die Musik für Bariton und Kammerorchester von 1965, sind die metrischen Verläufe weitaus weniger überschaubar und damit kurzweiliger gestaltet. Eine Besonderheit Wellesz, welche die Musik generell sehr hörerfreundlich macht, ist seine Vorliebe für solistische Auftritte, welche im freien Wechsel der Instrumente helfen, den Verlauf transparent und abwechslungsreich zu halten.

Es ist nicht zuletzt dieser Wechsel von solistischen Passagen, der die insgesamt sechs hier eingespielten Werke auch für die Musiker interessant und dankbar macht. Die Solisten des Ensembles Kontrapunkte unter Peter Keuschnig spielen ausdrucksvoll und mit Freude am Klang; manchmal sind freilich, wenn man genau hinhört, einzelne Passagen im Unisono oder in homophoner Rhythmik nicht ganz präzise und punktgenau zusammen, besonders an den Endpunkten der Phrasen (etwa „Largo“ aus der Suite). Der Sopran Christine Whittleseys mit seiner etwas bemühten Höhe, überdies etwas zu direkt aufgenommen, macht die Four Songs of Return zu einem etwas spröden Hörerlebnis; entschädigt wird man freilich durch eine ausgezeichnete Diktion der Sängerin, wie sie auch der Bariton Adrian Eröd pflegt. Im Ganzen ist das Engagement des Egon-Wellesz-Fonds, das zu diesem wichtigen Portrait geführt hat, herzlich willkommen zu heißen.

Prof. Michael B. Weiß [09.12.2010]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Egon Wellesz
1Sommernacht für Gesang und Kammerorchester 00:07:09
2Satz für Kammerorchester 00:01:05
3Persisches Ballett op. 30 (Ballet in einem Akt nach Ellen Tels) 00:19:13
4Suite op. 38 für Violine und Kammerorchester 00:11:12
8Four Songs of Return op. 85 für Sopran und Kammerorchester 00:16:18
12Ode an die Musik op. 92 für Bariton und Kammerorchester 00:05:37

Interpreten der Einspielung

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