
cpo 777 461-2
1 CD • 54min • 2008
21.05.2010
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Man möchte zu Beginn des Cellokonzerts A-Dur gar nicht glauben, dass es sich hierbei um eine Schöpfung Antonin Dvoáks handelt. Die choralartige Orchestereinleitung samt der Vorstellung des Hauptthemas, das kurze Zeit später vom Cello energisch aufgegriffen wird, klingt nach reinem Wagner; ebenso das endlos sich entwickelnde und zu Herzen gehende gesangliche Thema des Andante cantabile. Es dauert eine Weile, bis sich slawisches Temperament sowie die für Dvoák typische faszinierend vielgestaltige melodische Erfindungsgabe und der harmonische Reichtum einstellen und dieses Werk als einen vollgültigen Dvoák verifizieren, dessen leidenschaftliches Furiant-Finale nach allem vorangegangenen Poetischen und Kantablen auch den technisch über jeden Zweifel erhabenen Cellovirtuosen erfordert.
Das 1865, 30 Jahre vor dem h-Moll-Konzert op. 104 entstandene Werk führt bis heute leider ein Schattendasein. Was die kompositorische Eingebung betrifft, kann es sich in weiten Teilen mit dem großen Geschwister messen. Doch blieb das Ludvik Peer gewidmete A-Dur-Konzert lange Zeit verschollen; Peer selbst hat es wohl nie aufgeführt; das Autograph wanderte von seinem Besitz in den des British Museum London; es folgten eine klavierbegleitete Fassung sowie eine orchestrierte, aber deutlich gekürzte Aufführungsversion; erst 1975 erschien in der wissenschaftlichen Dvoák-Edition der Urtext. Das Besondere des Konzerts und seiner ohne Unterbrechung ineinander fließenden Sätze ist für mich seine so natürlich wirkende Gesanglichkeit, seine von großer Einfachheit, aber doch von tiefer Emotionalität durchzogene Melodik innerhalb eines einzigen, großartigen Spannungsbogens. Mit Ramon Jaffé scheint dieses Werk einen idealen Interpreten gefunden zu haben. Denn sein Spiel ist nicht nur höchst gesanglich, sondern ebenso von einer nie erlahmenden Intensität. Man könnte auch sagen, seine hinreißend unvoreingenommene Lesart des A-Dur-Konzerts sowie der orchestrierten Versionen der Polonaise g-Moll (für Klavier und Violoncello), des Rondos op. 94 (für Klavier und Violoncello) und der Waldesruhe op. 68/5 (dem Zyklus Aus dem Böhmerwald für Klavier zu vier Händen entnommen) kennzeichnet eine hingebungsvolle Unschuld, die in jedem Moment eine forschende Lebendigkeit offenbart, der man bedenkenlos auch einige intonatorische Wackler verzeiht. Und das Erstaunliche daran: Groß kann man Jaffés Ton nicht gerade nennen. Doch er ist prägnant und wunderbar differenziert; selbst in kraftvollen Monologen strahlt er Wärme aus und führt innerhalb stets stilsicherer Phrasierungen zu Momenten von außergewöhnlicher Ausdruckskraft – in den ersten beiden Sätzen des Konzerts, genauso in der nachdenklichen Waldesruhe. Dabei ist ihm das gekonnt mit Klangfarben spielende Staatsorchester Rheinische Philharmonie unter der Leitung von Daniel Raiskin eine sehr kultivierte, aber auch gewichtige Stütze.
Fazit: Diese CD ist nicht nur eine begrüßenswerte Katalogbereicherung und Rehabilitierung des bislang wohl unterschätzten A-Dur-Konzerts, sondern in gleichem Maße empfehlenswert wegen der leidenschaftlichen Gestaltungskunst Ramon Jaffés.
Christof Jetzschke [21.05.2010]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Antonín Dvořák | ||
1 | Konzert A major for Violoncello and Orchestra | |
4 | Aus dem Böhmerwald op. 68 No. 5 B 133 (Silent Woods) | 00:05:45 |
5 | Rondo g-Moll op. 94 (1891 - Bearb. für Violoncello und Orchester) | 00:07:37 |
6 | Polonaise g-Moll | 00:07:47 |
Interpreten der Einspielung
- Ramón Jaffé (Violoncello)
- Staatsorchester Rheinische Philharmonie (Orchester)
- Daniel Raiskin (Dirigent)