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Besprechung CD

BIS 1590

1 CD • 54min • 2006

09.04.2010

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Nach der phänomenalen Einspielung der ersten beiden Concerti für Streicher von Allan Pettersson (BIS CD 1690) durch das Nordic Chamber Orchestra unter Leitung des Komponisten, Posaunisten und Dirigenten Christian Lindberg folgt nun das monumentale Dimensionen erreichende, dreisätzige dritte Konzert, das Pettersson 1957 beendete. Auch hier bohrende Intensität, beredte Gestaltung der Phrasen, enorme Kontraste – eine bessere Aufführung hätte sich Pettersson selbst wohl kaum wünschen können. Die Orchester-Aufstellung mit gegenüber sitzenden Geigengruppen trägt zur Plastizität des Klanges bei (wobei man dem Dirigenten empfehlen möchte, einmal auszuprobieren, die Violen links hinter die ersten Violinen und die Celli rechts hinter die Zweiten zu setzen: gerade in diesem Werk könnten manche Balance-Probleme dadurch vielleicht leichter gelöst werden). Wenn sich hier doch kein geschlossener Eindruck des Werkes einstellt, so liegt das nicht an den Mitwirkenden, denn mit mehr Herzblut kann man diese Musik kaum spielen.

Es ist vielmehr die Gestalt des Konzertes selbst, die problematisch bleibt – worauf auch Booklet-Autor Michael Kube hinwies: Der Mittelsatz, der schon zu Lebzeiten Petterssons für sich allein aufgeführt wurde, ist einfach eine Klasse für sich, und den rahmenden Ecksätzen – insbesondere dem Finale – ist nicht so recht abzuspüren, wohin ihr Material überhaupt will. Das liegt vielleicht gerade an der besonderen Gestalt: die beiden Ecksätze sind in Art eines „Statement" und „Counterstatement" thematisch aufeinander bezogen, noch dazu im jeweils gleichen Grundtempo (Allegro con moto), und bilden im Grunde genommen einen einzigen, übergeordneten Satz, der durch den Mittelsatz durchbrochen wird. Man kann dies hörend sehr schön nachvollziehen, wenn man die CD einmal so programmiert, dass der Mittelsatz übersprungen wird. Man spürt dann zwar ein Zersplittern des Materials im Verlauf des ersten, und rückläufig ein erneutes Verdichten im letzten Satz, aber insgesamt kreist die Musik in sich. Es gibt in den Ecksätzen keine Prozesse der Katharsis oder Transzendenz und im Finale nichts, was über den ersten Satz hinausgeht. Man fühlt nicht einmal eine gewisse Unio mystica beim letzten, ausgehaltenen D, denn dafür verklingt es viel zu schnell, ist eher ein Fragezeichen als drei Pünktchen und sicher kein Ausrufungszeichen.

Nun ist dieses Werk eben ausdrücklich keine „Sinfonie für Streicher" und man darf nicht mit der Erwartung an es herangehen, sinfonische Prozesse zu hören zu bekommen. Es ist vielmehr ein Konzert. Dafür freilich sind die konzertanten Elemente (z. B. Kontraste durch Solo-/Tutti-Techniken, virtuose Passagen) erstaunlich zurückhaltend. So fühlt man sich am Ende des Stückes unentrinnbar in etwas verfangen, dagegen in keinster Weise erbaut – wohl allerdings noch am Ende des zweiten Satzes, was seine isolierte Wirkung vielleicht erklärt (wenn man von den wenigen, allerletzten und zum Finale hinleitenden Takten einmal absieht): Bei einem dreiteiligen Flügelaltar konzentriert sich der Blick des Betrachters schließlich auf das Bild in der Mitte (z. B. eine Krippenszene oder eine Mariengestalt) und nicht auf das linke oder rechte Bild. Doch durch die zeitliche Dimension der Aufführung wird der Betrachter dieses „Flügelaltars in Tönen" quasi gezwungen, seinen Blick von links nach rechts zu lenken und nicht in der Mitte zu verweilen. Beim Hören der CD beschlich mich schließlich auch wieder einmal das Gefühl, dass es Werke gibt, die sich dem häuslichen Abspielen schlicht entziehen. Dieses Stück gehört in den Konzertsaal.

Dr. Benjamin G. Cohrs [09.04.2010]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Alexander Scriabin
1Concerto No. 3 for String Orchestra

Interpreten der Einspielung

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