cpo 777 322-2
1 CD • 64min • 2003
03.03.2010
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
An die vierzig Bühnenwerke hat er geschrieben, die heute selbst in Italien so gut wie nie gespielt werden, Sinfonien, Konzerte, Kammermusik aller Arten: Gian Francesco Malipiero (1882-1973) war ohne Zweifel einer der fruchtbarsten Komponisten des vergangenen Jahrhunderts. Neben Ottorino Respighi und Ildebrando Pizzetti gehörte er zu der „Generazione dell’ottanta“, einem kämpferischen Verbund von Komponisten, die in den 1880er Jahren geboren waren und sich vehement von den veristischen und neoromantischen Strömungen distanzierten, die in Italien bis zum Ersten Weltkrieg vorherrschten. Für Malipiero verband sich diese Abkehr mit einem „Zurück zu den Wurzeln“, das Studium der Werke Monteverdis und seiner Zeitgenossen wurde für ihn eine Quelle der Inspiration, andererseits fand er in der fast schockartigen Erfahrung von Strawinskys Le sacre du printemps eine umstürzende Neuorientierung für das bis dahin schon umfangreiche eigene Schaffen. Einen großen Teil seiner frühen Werke vernichtete er daraufhin.
Schon früher hatte sich cpo für die Werke Malipieros stark gemacht, einen Mitschnitt der Oper I capricci di Callot aus Kiel veröffentlicht sowie eine Aufnahme seiner Klavierkonzerte. Die schon vor sieben Jahren eingespielte, aber jetzt erst publizierte Kollektion von Instrumental- und Vokalkompositionen aus mehreren Jahrzehnten gibt einen anschaulichen Eindruck seiner stilistischen Präferenzen. Bei den einleitenden Gabrieliana (1972) handelt es sich um eine Hommage des 90jährigen Komponisten an den Venezianer Giovanni Gabrieli, dessen Werke in der Übergangszeit zwischen Renaissance und Barock entstanden. Die Madrigali (1932) wiederum beziehen sich auf Monteverdi; Malipiero versucht hier, vokale Musik ins Sinfonische zu transponieren, ein Versuch, über den Puristen die Nase rümpfen mögen. In den hintergründigen Cinque favole (1950) wiederum sind die Gesänge durch sinfonische Zwischenspiele zu einem durchlaufenden Ganzen verbunden. Die Form der Miniatur, des musikalischen Aphorismus dagegen wählt Malipiero in den Sette canzonette veneziane (1961). Gleichzeitig entstand die zehnminütige Serenata per fagotto e 10 strumenti, ein kunstvoll verspieltes Divertimento.
Wie immer man die Bedeutung Malipieros in der Musikentwicklung des 20. Jahrhunderts einschätzen mag, die hier vorgelegten Kompositionen lohnen das Kennenlernen durchaus, da sie in Marzio Conti und der sehr präzisen Camerata Strumentale „Città di Prato“ engagierte Interpreten finden, die formale Transparenz mit musikalischer Eloquenz verbinden. Paolo Carlini entlockt seinem Fagott nicht nur burleske Töne, sondern auch lyrischen Wohllaut und die Mezzosopranistin Damiana Pinti zeigt neben klanglicher Fülle zumal in den venezianischen Liedern charakteristische Ausdrucksvielfalt.
Ekkehard Pluta [03.03.2010]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Gian Franceso Malipiero | ||
1 | Gabrieliana | 00:12:54 |
5 | Serenata per Fagotto e 10 strumenti | 00:09:43 |
6 | Madrigali (Interpretazioni Sinfoniche) | 00:16:15 |
10 | 5 Favole per Voce e Piccola Orchestra | 00:18:07 |
15 | Sette Canzonette Veneziane | 00:06:56 |
Interpreten der Einspielung
- Damiana Pinti (Mezzosopran)
- Paolo Carlini (Fagott)
- Marzio Conti (Dirigent)
- Camerata Strumentale Città di Prato (Ensemble)