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Besprechung CD/SACD stereo/surround

BIS 1777

1 CD/SACD stereo/surround • 70min • 2008

14.01.2010

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Die Cellokonzerte von Dutilleux und Lutosawski entstanden auf Anregung des großen Mstislaw Rostropowitsch; sie wurden 1970 von ihm zur Uraufführung gebracht und eingespielt. Christian Poltéra, einer der interessantesten Cellisten der jüngeren Generation, muss den Vergleich mit Rostropowitsch nicht fürchten. Poltéra ist ein phänomenaler Instrumentalist, dazu ein intelligenter Interpret, der seine Erfahrungen mit zeitgenössischer Musik in seine Deutung einfließen lassen kann.

Geheimnisvolle Lyrik bei Dutilleux (Jg. 1916) und raffinierte dramatische Klangrede bei Lutosawski (1913-1994) – das sind die Pole der beiden Konzerte. Die Komponisten waren fast gleichaltrig, gingen aber ganz verschiedene Wege. Beide reagierten auf sehr unterschiedliche Weise auf Veränderungen in der Musik, auf Impressionismus, Zweite Wiener Schule und andere Innovationen.

Als Dutilleux in den 1960er Jahren an sein Cellokonzert ging, war er geradezu besessen von den Dichtungen seines Landsmanns Charles Baudelaire. Das Violoncello erschien ihm „als das ideale Instrument, zwischen Baudelaires Universum und der Welt des Klangs zu vermitteln". Der Titel Tout un monde lontain… (Eine ganze Welt in der Ferne) ist dem Gedicht La Chevelure aus Baudelaires berühmtem Zyklus Fleurs du mal (Blumen des Bösen) entnommen, einem sinnlichen Poem über das Haar seiner Geliebten Jeanne Duval. Die fünf Sätze des Konzertes beziehen sich auf je ein Gedicht dieser Sammlung. Dutilleux führt den Hörer auf eine schillernde Reise mit Zwölftonreihen, seriellen Formen, pointilistischer Verwendung des Orchesters, aparten Klangkombinationen, mit einem redend-erzählenden Gestus des Solisten und freiem Fantasieren.

Lutosawskis Cellokonzert hat metaphorischen Charakter. Es „handelt" von menschlicher Kommunikation im Allgemeinen und von deren Umsetzung im Kompositionsprozeß im Besonderen. Der Dialog zwischen Solo und Orchester geht teils unerwartete Wege, mal gelingt er, mal misslingt er, die Partner reagieren aufeinander, sie widersprechen einander, der Solist kämpft gegen die Übermacht des Orchesters und hat am Ende wie bei Dutilleux das letzte Wort. Entworfen wird, wie Reinhard Schulz einmal formulierte, „das Bild einer Kommunikation, die jedoch nicht frei ist von Beklemmung und Angst und in der Konfrontation des einzelnen mit der Masse durchaus tragische Züge aufweist".

Christian Poltéra erweist sich als großartiger Interpret der beiden Konzerte – sei es eingebunden in die Klanggespinste bei Dutilleux, sei es verwickelt in die stark konfrontativ geprägte Interaktion der Beteiligten bei Lutosawski. Poltéras Interpretationen haben Kraft, insistierende Gestik, Spannung, aber auch Sinnlichkeit, geheimnisvollen Ton, große Suggestivität. Der Solist bleibt dabei auf wunderbare Weise und ganz unforciert stets der Mittelpunkt der Aufführungen. Im Solostück von Dutilleux spielt er die improvisatorischen Züge aus, Lutosawskis kurze Sacher-Variation atmet Spontaneität.

Das RSO Wien ist dem Solisten ein ebenso virtuoser wie wacher und schlagfertiger Partner. So wird auf denkbar beste Weise das Interesse an zwei der bedeutendsten und ungewöhnlichsten Cellokonzerte des 20. Jahrhunderts neu geweckt! Der Klang ist deutlich, präsent, direkt und transparent.

Dr. Helge Grünewald [14.01.2010]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Henri Dutilleux
1Toute un monde lointain... 00:30:43
6Trois Strophes sur le nom de Paul Sacher 00:09:27
Witold Lutoslawski
9Violoncellokonzert 00:24:58
13Sacher Variationen 00:03:33

Interpreten der Einspielung

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