J.S. Bach
Christmas Oratorio
cpo 777 459-2
2 SACD stereo/surround • 2h 17min • 2009
18.12.2009
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
In der Adventszeit erklingt es wieder landauf, landab: Bachs Weihnachtsoratorium, das jedoch mit der Erwartung der Geburt Jesu nichts zu tun hat. Es feiert sie vielmehr in sechs Kantaten für die Festgottesdienste der Weihnachtszeit: vom ersten Weihnachtstag am 25. Dezember bis zum Epiphaniasfest am 6. Januar. Heute finden nicht an allen entsprechenden Tagen Gottesdienste in den evangelischen Kirchen statt (wo ist beispielsweise der dritte Weihnachtstag am 27. Dezember geblieben, und wem ist der Neujahrstag heute noch als „Fest der Beschneidung Christi“ bewusst?). Da man heutzutage außer der Christvesper am 24. Dezember, dem Heiligen Abend, auch kaum noch auf Kirchen voller Gottesdienstbesucher hoffen darf, sind konzertante Aufführungen des Weihnachtsoratoriums durchaus im Sinne des Komponisten, hatte dieser doch die Musik für die sechs Kantaten größtenteils bereits existierenden Huldigungsmusiken für das polnisch-sächsische königlich-kurfürstliche Herrscherhaus in Dresden entnommen – und dies sicher nicht, um sich lästige Kompositionsarbeit zu ersparen. Wie Christoph Wolff in seinem Standardwerk über Bach ausführt, hatte der Thomaskantor tatsächlich im Sinn, „wichtiges Material durch dessen Einarbeitung in beständigere Kompositionen zu erhalten.“ Huldigungsmusiken an ein Fürstenhaus waren mit dem Anlass, für den sie geschrieben waren, auch verklungen und für weitere Gelegenheiten nicht mehr zu verwenden. Geistliche Werke konnte Bach sowohl selbst erneut aufführen, sie aber auch in Abschriften verbreiten und so seinen Ruhm in Deutschland mehren, an dem er durchaus Interesse haben musste, hatte sich doch der Leipziger Posten in vieler Hinsicht als Enttäuschung erwiesen.
An Einspielungen des Weihnachtsoratoriums ist kein Mangel, doch bietet sich Jos van Veldhovens Aufnahme aus dem Jahr 2002 aus mehreren Gründen besonders zum Vergleich an: sowohl Veldhoven wie auch Max haben wunderbar in zueinander passende Solistenensembles zusammengestellt und haben sich für Altistinnen statt Kontratenören entschieden, beide arbeiten mit kleiner Chorbesetzung (Max vier Sänger pro Stimme, Veldhoven fünf oder sechs) und mit historischem Instrumentarium. Beide Dirigenten sind sich im Zeitmaß ihrer Interpretation erstaunlich einig – Max ist häufig etwas schneller als Veldhoven, doch liegen die Abweichungen meist im Bereich unter zehn Sekunden, bei den Arien ist öfters Veldhoven der Geschwindere: So gönnt Max seiner Solistin Wiebke Lehmkuhl bei der Alt-Arie „„Schlafe mein Liebster, genieße der Ruh“ fast eine Minute länger als Veldhoven seiner Annette Markert einräumt. Dennoch ist der Gesamteindruck dieser beiden künstlerisch ebenbürtigen Versionen des Weihnachtsoratoriums durchaus unterschiedlich: Veldhoven rückt die geistlichen und rhetorischen Aspekte des Werkes in den Mittelpunkt seiner Interpretation; Max hebt immer wieder die konzertanten und die dramatischen Aspekte hervor, ohne dabei an zentralen Stellen an Innigkeit der Gestaltung einzubüßen. So weisen beide Interpretationen bei vergleichbaren Besetzungsstärken und gleichrangigem künstlerischen Niveau durchaus genügend Unterschiede auf, dass gerechtfertigt erscheint, dem Bach-Freund auch beide zur Anschaffung zu empfehlen. In dieser Konfrontation auf Augenhöhe ergibt sich die Möglichkeit, die beträchtliche Deutungsweite des Schaffens von Johann Sebastian Bach abzumessen, selbst wenn aufführungspraktische Details einander entsprechen.
Beide Einspielungen liegen im Prachtformat der SACD vor, doch muss der Tontechnik von Channel Classics in puncto Klangbild ein Vorsprung eingeräumt werden: Farbigkeit, Präsenz und Räumlichkeit sind vorbildlich, wo die Produktion cpo und WDR 3 tadelsfreie Leistungen bietet (aber auch nicht mehr).
Vergleichseinspielung: Johannette Zomer (Sopran), Annette Markert (Alt), Gerd Türk (Tenor), Peter Harvey (Bass), The Netherlands Bach Society, Jos van Veldhoven (Leitung). 2 SACD: Channel Classics CCS 30809
Detmar Huchting [18.12.2009]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Christmas Oratorio BWV 248 |
Interpreten der Einspielung
- Veronika Winter (Sopran)
- Wiebke Lehmkuhl (Alt)
- Jan Kobow (Tenor)
- Markus Flaig (Bass)
- Rheinische Kantorei (Chor)
- Das Kleine Konzert (Orchester)
- Hermann Max (Dirigent)