Ondine ODE 1158-2
1 CD • 66min • 2005, 2007
14.12.2009
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
In den frühen Phasen der Schallplattenkritik war es den Rezensenten ganz selbstverständlich, nicht nur die Kategorien „Interpretation“ und „Klangbild“ mit Ziffern oder auch Sternchen auszufüllen. Wichtig in einer Zeit der medialen Ausforschung des reichen musikalischen Erbes war es auch, den damals so genannten „Repertoire“- bzw. „Katalogwert“ zu bestimmen. Vieles, ja sehr vieles war ja in den 50er und 60er Jahren noch nicht eingespielt – und bemerkenswert schien es uns jungen Hörschreibern bereits, wenn eine alternative Aufnahme in den Handel kam. An diese Urzeiten der diskographischen Berichterstattung musste ich denken, als mir diese in den Jahren 2005 und 2007 produzierten Martinu-Interpretationen zugeleitet wurden, Werke – mit Ausnahme des 1934 verfassten Zweiten Klavierkonzerts – aus der Spätzeit des 1959 verstorbenen Komponisten, die im Konzertleben früherer Tage (und auch im Tonträgerbereich) keine Rolle gespielt haben. Aber auch im aktuellen öffentlichen und veröffentlichten Musikleben finden sie kaum Beachtung. So wird es der Martinu-Gemeinde weltweit (denn es gibt sie!), aber auch Hörern, die bereit so gut wie alles in ihren Regalen haben, sehr willkommen sein, ihre Erfahrungen und Sammlungen ergänzen zu können.
Die Chancen auf interessante, aufregende 65 Minuten bewerte ich allerdings eher bescheiden. Vladimir Ashkenazy – hier mit dem tüchtigen Sinfonieorchester Basel – bietet zum Einstieg eine unterhaltsame, leichtgewichtig-festliche Ouvertüre nach altem Concerto grosso-Verfahren. Ein Stück, das Appetit macht auf die folgenden Konzerte und Martinus Inventionen unter dem Eindruck der Fresken des Piero della Francesca. Leider jedoch sind „Fresken“ und die beiden Klavierkonzerte – trotz vitaler, farblich resoluter Ausleuchtung – nicht dazu angetan, das ästhetische Weltbild auf diesen Sektoren des sinfonischen und konzertanten Wesens zu bereichern. Das thematische Material bleibt beliebig, die fortführende Arbeit zeigt Routine ohne Biss und Würze. Die Stücke spulen vorüber, bald erregt, bald in blasser Verhaltenheit.
Der Schweizer Pianist Robert Kolinsky (Jg. 1970) studierte in Basel bei Lászlo Gyimesi und bei Peter Efler, in Prag bei Jan Panenka, später auch bei György Kurtág und Witold Lutoslawski. Gute, erste Adressen mithin – und er erweist sich mit den beiden Klavierkonzerten auch als aufmerksamer Kundschafter, das heißt: so weit Martinus Musik Anhaltspunkte gibt, den Hörer irgendwie auf Kurs zu halten, betätigt sich Kolinsky technisch und pointierend genügend initiativ, um das Möglichste aus den Partituren herauszuholen.
Eine von Axel Bfezina bestens kommentierte Edition, die auf hohem musikantischem Gesamtniveau den Blick auf das Schaffen Martinus erweitert, die internationalen Aufführungsgewohnheiten nicht verändern wird.
Peter Cossé † [14.12.2009]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Bohuslav Martinů | ||
1 | Overture H 345 | 00:06:30 |
2 | Piano Concerto No. 2 H 237 for Piano and Orchestra | 00:21:13 |
5 | The Frescoes of Piero della Francesca for Orchestra | 00:19:05 |
8 | Piano Concerto No. 4 H 358 for Piano and Orchestra (Incantation) | 00:18:33 |
Interpreten der Einspielung
- Robert Kolinsky (Klavier)
- Sinfonieorchester Basel (Orchester)
- Vladimir Ashkenazy (Dirigent)