Acousence Classics ACO-CD 21209
1 CD • 59min • 2008
14.10.2009
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
An sich sollte man für jede Neu-Einspielung von Schönbergs sinfonischer Dichtung Pelleas und Melisande dankbar sein, denn die Diskographie ist nicht gerade üppig – auch wenn sich seit den Achtziger Jahren das Blatt für das lange vergessene Stück durchaus gewendet hat und inzwischen mehr als ein Dutzend Aufnahmen vorliegen, u. a. durch Karajan, Boulez, Gielen und Sinopoli. Doch dieser Live-Mitschnitt unter Jonathan Darlington hat nicht unbedingt Neues zu sagen. Es handelt sich um die hoch anständige Aufführung eines gut vorbereiteten Orchesters, oft auftrumpfend, aber die eigentlichen Schwierigkeiten des Werkes nicht wirklich meisternd – der Fairness halber wäre aber hinzuzufügen: ebenso wenig wie bei den meisten anderen mir bekannten Einspielungen. Dies betrifft die Klang-Balance, Farbigkeit und Intonation. Die Blechblasinstrumente waren zu Schönbergs Zeit etwa ein Drittel schwächer als heute, die Holzblasinstrumente hatten weit mehr Eigenfarbigkeit. Auch die Duisburger Blechbläser decken in den lauten Tutti alles zu; das Holz wirkt seltsam blaß. Vor allem jedoch wurde um 1900 noch viel reiner intoniert: Die heutige, international “pythagoreisch eingerichtete” Stimmung mit sehr angehobenen Leittönen wirkt ausgesprochen verwischend; darunter leiden insbesondere von der Harmonik her hoch komplexe, chromatisch dominierte Werke aus dem frühen 20. Jahrhundert wie dieses (aber auch vieles von Reger, Schreker, Zemlinsky und sogar noch Bartok). Unter solchen Umständen gelang hier eine achtbare Wiedergabe, doch wird für meinen Geschmack allzu oberflächlich geschwelgt. Dazu trägt paradoxerweise das opulente, doch zugleich etwas kühle Klangbild bei. Wer eine Aufnahme des Werkes sucht, die richtig unter die Haut geht, sollte sich die alte Barbirolli-Einspielung von 1967 mit dem New Philharmonia Orchestra zulegen (EMI CDM 5 65078 2). Das leichte Rauschen nimmt man gern in Kauf, zumal Barbirolli etwas gelingt, was bei Darlington nicht zu hören ist: Die kammermusikalisch instrumentierten Passagen wirken bei Barbirolli berückend intim, fast zerbrechlich, ein strenger Kontrast zu den aufblühenden Klängen, während bei Darlington einfach nur leiser gespielt wird, während die Soli recht extrovertiert herauskommen. Dafür gehen im Tutti oft Details unter, die man bei Barbirolli exemplarisch hört.
Ein Ärgernis ist das Tracklisting dieser CD: Bookletautor Michael Tegethoff weist auf die inhärente Viersätzigkeit des Werkes hin und man erwartet, dies auch nachvollziehen zu können. Stattdessen präsentiert das Listing lapidar die Angabe “Track 1–17”; Tempoangaben fehlen gänzlich, nicht einmal die inhaltlichen Angaben der Partitur sind beigefügt, und der Hörer kann die Struktur des Werkes nicht richtig nachvollziehen. Faurés viersätzige, gleichnamige Suite op. 80 ist eine schöne Zugabe, wirkt hier aber etwas “angehängt”. Eine neue Gesamteinspielung von Faurés Bühnenmusik (die einzigen davon unter Lawrence Foster und David Zinman sind lange vergriffen) oder zumindest eine größere Auswahl wären dienlicher gewesen.
Dr. Benjamin G. Cohrs [14.10.2009]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Arnold Schönberg | ||
1 | Pelleas und Melisande op. 5 (Sinfonische Dichtung für Orchester nach dem Drama von Maurice Maeterlinck) | 00:41:48 |
Gabriel Fauré | ||
18 | Pelléas et Mélisande op. 80 (Suite de concert en sept mouvements) | 00:16:47 |
Interpreten der Einspielung
- Duisburger Philharmoniker (Orchester)
- Jonathan Darlington (Dirigent)