Ali-Zadeh Chamber Music for Cello
Classicclips CLCL 109
1 CD • 48min • 2008
22.07.2009
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
In Azerbaidschan brennt oft das Land, weiß die Komponistin Frangiz Ali-Zadeh zu berichten. Die Erdölvorkommen und das zuweilen an die Oberflächen tretende Gas sind die Ursache.
Was dies mit Musik zu tun hat? Die Komponistin schilderte diesen Umstand im Begleitheft einer neuen CD und transportiert damit ein Bild, das auf das stürmische Tun der hier präsentierten jungen Interpreten nur zu gut passt. Denn Konstantin Manaev, Violoncello, und Alexander Matrosov, Akkordeon, entfachen durch ihren ungestümen Einsatz so viel virtuosen Feuersturm, um Frangiz Ali-Zadehs Anspruch einer maximalen emotionalen Direktheit in ihrer Musik zu entsprechen. Die Aserbaidschanerin hat schon in vielen ihrer Werke das Violoncello mit seinem variablen Tonumfang und dem daraus hervorgehenden expressiv-lyrischen Potenzial favorisiert.
Leidenschaftlich-lodernd und voll blühender Kraft ist Manaevs Ton, Intonation und Virtuosität hervorragend. Von diesem, bereits jetzt international erfolgreichen Interpreten wird man sicher noch viel hören. Vor allem in den zwei Werken für Violoncello solo kommt eine – von diesem Interpreten meisterhaft aufgegriffene – rhapsodische Struktur zum Tragen. Oft wähnt man sich in einem nie enden wollenden Strudel wilder Solokadenzen, der allerdings zuweilen auch Längen hat.
Aber die Konfrontation mit anderen Klangwelten beschert dieser Produktion eine spannungsvolle Steigerung. Auch den Akkordeonisten Alexander Matrosov könnte man schon jetzt zu den angehenden „Weltmeistern“ auf dem Instrument zählen. Wer bereits ein Konzert mit ihm erleben konnte, weiß um den schweißtreibenden Krafteinsatz in seinem Spiel. Damit erzeugt er packende polyphone Klanggebilde, kann mit den voluminösen Luftströmen kunstvolle Fugen, rasante Jazzidiome und freie orgelartige Klangflächen erzeugen. Das bildet hier einen Gegenpol zum leidenschaftlichen Cello-Gesang. Nach Ali-Zadehs Auffassung verkörpert letzterer die menschliche Stimme, während das Akkordeon die übermächtige Außenwelt artikuliert. Dazu können nun einmal, wie eingangs beschrieben, auch Feuerstürme gehören.
Das kompositorische Schaffen der Komponistin aus Baku rangiert idealtypisch zwischen Orient und Okzident – ein Grenzgängertum, das schon durch eine Einspielung ihrer Werke mit dem berühmten Kronos Quartett geadelt wurde. Auch in den vier Kompositionen der aktuellen CD sind Elemente aus traditioneller und klassischer Musik ihrer Heimatkultur präsent. Das vierte und längste Werk dieser CD wagt mit experimentellen Mitteln den originalgetreuen Bezug auf die eigenen Wurzeln: Da musizieren Violoncello und Klavier in der Tonalität sowie rhythmischen Struktur von azerbaidschanischen Mughams und durch raffinierte Klangverfremdung werden die Instrumente zu regelrechten Verwandlungskünstlern: Manaevs Cello greift den flirrenden Originalklang der Kemantscha, der traditionellen Stachelfiedel auf und er weiß sich verblüffend in diese melismatischen Linien mit ihren Glissandi und Mikrointervallen einzufühlen. Franghiz Ali-Zadeh selbst nutzt Plektren, Stäbe und vieles andere mehr, lässt den Flügelklang zum Ensemble aus einer fernen Welt mutieren – mit Oud und exotischen Schlaginstrumenten.
Stefan Pieper [22.07.2009]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Franghiz Ali-Zadeh | ||
1 | Counteractions für Violoncello und Akkordeon (Yanar Dag) | 00:11:25 |
2 | Oyan! für Violoncello solo | 00:10:27 |
3 | Ashk havasi | 00:08:57 |
4 | Habil-sajahy für Violoncello und Klavier | 00:17:08 |
Interpreten der Einspielung
- Konstantin Manaev (Violoncello)
- Alexander Matrosov (Akkordeon)
- Franghiz Ali-Zadeh (Klavier)