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CD • SACD • DVD-Audio • DVD Video

Besprechung CD/SACD stereo

RCA 88697 35889 2

1 CD/SACD stereo • 69min • 2008

13.05.2009

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Peter I. Tschaikowskys Dornröschen-Ballett scheint nicht nur Choreographen und Tänzer, sondern auch Pianisten zu reizen. Schon kurz nach der St. Petersburger Premiere 1890 schuf der junge Sergej Rachmaninoff eine Einrichtung für Klavier vierhändig. Zur selben Zeit, und das war ebenfalls eine Auftragsarbeit, arrangierte Theodor Kirchner einige Stücke fürs Pianoforte. Diese letzteren finden sich auf dieser CD, kombiniert mit einer Klavierversion von Mikhail Pletnev, die rund ein Jahrhundert später entstanden ist. Die Verbindung ist eine Idee des 35jährigen russischen Pianisten Lev Vinocour, der seine Absicht so umreißt: „Ein klassisches Meisterwerk gleicht einem Keime, der mit der Zeit aufgeht und immer neue Facetten entfaltet, die zwar dem Werk von Anfang an innewohnten, den Zeitgenossen aber verborgen blieben.“

Vinocour gehört offensichtlich zu jenen Interpreten, die sich eigene Gedanken machen und nicht bloss purer Intuition vertrauen wollen. Er kann es sich leisten, weil er das Klavierhandwerk perfekt beherrscht, dabei indessen die Brillanz nie zum Selbstzweck ausarten lässt. Insofern erweist er sich als echter Gefolgsmann seines einstigen Moskauer Lehrers Mikhail Pletnev, obwohl er dessen gelegentlich wilden Sprünge in eine hemmungslose Subjektivität eher scheut. Die Benennung als „intellektueller Virtuose“ scheint nicht weit daneben gegriffen. Vinocours Palette gibt sich auf jeden Fall weit, schliesst gleichermaßen die lyrische Verzückung wie die effektvoll aufrauschende Geste ein.

Damit wären auch, vereinfacht, die beiden pianistischen Dornröschen-Exegesen umrissen. Der durch halb Europa verschlagene Theodor Kirchner war in jungen Jahren ein Schützling Robert Schumanns gewesen (er komponierte später Neue Davidsbündlertänze!) – das spürt man gerade hier frappant. Seine Tschaikowsky-Bearbeitung ist im Ton von Schumanns Kinderstücken gehalten, mild, sanftmütig und sogar mit Biedermeier-Allüre. Es spricht für Vinocours Darstellungskunst, dass er dieses (allzu) Gefällige nie ins Sentimentale ausgleiten lässt, sondern nach Möglichkeit in Poesie zu verwandeln sucht. So wie er andererseits in Pletnevs pianistisch zweifellos um einiges fordernderer Konzertsuite das wild Auffahrende, gelegentlich sogar Aufgewühlte bravourös in den tänzerischen Grundgestus einbindet. Insgesamt werden zwei Sichtweisen auf Tschaikowskys Musik spürbar – bezeugt von einem Zeitgenossen und von einem Nachgeborenen, der als heutiger Mensch aus bewundernder Distanz an die Tradition herantritt.

Mario Gerteis † [13.05.2009]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
1Dornröschen-Suite (Bearb. für Klavier) 00:33:51
12The sleeping beauty op. 66 00:34:58

Interpreten der Einspielung

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