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Besprechung CD/SACD

Melba Recordings MR 301114-2

2 CD/SACD • 1h 33min • 2008

08.12.2008

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Fast einhundertundfünf Jahre sind inzwischen vergangen, seit Nellie Melba in Monte Carlo den eigens für sie geschriebenen Einakter Hélène aus der Taufe hob. Da schien dem australischen Label, das sich nach der legendären Sängerin benannt hat, die Zeit endlich reif für die Tonträgerpremiere dieses praktisch vergessenen Werkes, und ich sage es rundweg: Diese Premiere ist in fast jeder Hinsicht ein Kunstwerk geworden – von der Gestaltung des bald hundertseitigen Hardcover-Booklets über die (allerdings nur englisch und französisch) beigegebenen Texte bis hin zu einer künstlerisch derart nuancierten Ausführung, daß ich auch nach dem bis dato vierten Hören noch nicht absehen kann, wann ich die Produktion in die systematisch geordneten Reihen meines Archives einsortieren werde.

Nach der kurzen und temperamentvollen Orchesterintroduktion, in der mir der immerhin fast siebzigjährige Camille Saint-Saëns mit einem gewissen Lohengrinsen aus dem Tannhäuschen zu sein scheint, wird in den sieben folgenden Szenen die Tragik eines „Weibes” ausgeleuchtet, das zutiefst unter seiner überirdischen Schönheit und entsprechenden Anziehungskraft auf die Männerwelt leidet und spürt, daß die eigene Liebe zu und ihre gemeinsame Flucht mit Paris nur in einer Katastrophe für die Welt münden können. Dieses Auf & Ab oder Hin & Her, die flehentlichen Gebete an die Götter, den „Fluch” von ihr zu nehmen, und die endliche Entscheidung, keinen Widerstand mehr zu leisten, sondern mit dem Geliebten übers Meer zu segeln – das reflektiert der Komponist in einer Partitur von solch dramatischer Vielschichtigkeit, daß der Wunsch, das Werk auch einmal auf einer Bühne zu sehen, übermächtig wird: Es muß bei entsprechend sensibler Realisation eine fabelhafte Wirkung entstehen, wenn am Ende die beiden Liebenden hinter den Kulissen singen, indessen die Szene das offene Meer nebst einem Schiffe zeigt, das unter vollen Segeln „hinüber zu den Zaubern Asiens” dahingleitet ...

„In seinen Werken, in denen sich großes Können mit kühler Strenge und Eleganz verbindet, treten formale und technische Eigenheiten stark in den Vordergrund,” liest man seit langem unter dem Stichwort Saint-Saëns in einem jener einschlägigen Lexika, deren Phrasendreschflegel sich lieber auf nackte biographische Fakten beschränkt als mit derlei autoritativem Floskelwerk abgegeben hätten. Hélène allein wäre völlig ausreichend, um diesen Humbug aus der Welt zu schaffen, insbesondere mit einer Interpretation wie der hier vorliegenden, aus der sich Rosamund Illing und Steve Davislim durch die Fülle ihrer facettenreichen Aufgaben und deren äußerst subtile Bewältigung herausheben. Wer aber in dieser klassisch-antiken Momentaufnahme mit ihren feinsinnigen Verästelungen noch immer eine „kühle Strenge” glaubt ausfindig machen zu können, weil er Riemanns Musiklexikon mehr traut als den eigenen Wahrnehmungen, der sollte sich unter Entzündung einiger Räucherstäbchen mit einer Tasse Jasmintee auf den Sinnenrausch der Nuit Persane op. 26b für Sprecher, Alt, Tenor, Chor und Orchester einlassen, in der Camille Saint-Saëns den asiatischen Zauber, von dem Paris und Helena nur träumen können, zu einem vollends unwiderstehlichen Fest hat werden lassen: Hier ist tatsächlich alles harmonische, melodische, sprachliche, stimmliche und instrumentale Verführungskunst, ein östlicher Diwan, dessen Luxus – selbstredend mit den technischen Mitteln eines Meisters gearbeitet – wir uns widerstandslos ausliefern dürfen.

Rasmus van Rijn [08.12.2008]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Camille Saint-Saëns
1Hélène 01:01:18
CD/SACD 2
2Nuit Persane op. 26b 00:31:40

Interpreten der Einspielung

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