cpo 777 328-2
1 CD • 64min • 2007
21.04.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
„Wer wird nicht einen Klopstock loben? Doch wird ihn jeder lesen? –
Nein. – Wir wollen weniger erhoben, und fleißiger gelesen sein,“ dichtete Gotthold Ephraim Lessing, und Arno Schmidt, der nicht minder unbezahlbare, versicherte uns unter Bezug auf Karl Heinrich Ritter von Lang, „daß kein Mensch lebe, der, sofern er ehrlich sei, von sich rühmen könne, den ,Messias' auf einmal, Zeile für Zeile, hintereinander durchgelesen zu haben.“
Die Reihe derer, die das epische Ungetüm als Muster der Langeweile und literarisches Sedativ apostrophierten, ist so lang wie das Stück selbst. Umso bedenklicher dürfte es sein, wenn ein letztlich doch zweitrangiger (ich sage nicht: zweiklassiger) Komponist wie der Beethoven-Zeitgenosse Andreas Romberg sich in seinem Hang nach Höherem nicht allein zu Schillers Lied von der Glocke verstiegen hat, sondern sich nicht enthalten konnte, auch diesen hexametrischen „Schüdderump“ (O-Ton Arno Schmidt) mit Noten zu garnieren. Sollte er etwa in eitler Selbstüberschätzung auf den Gedanken gekommen sein und das ganze Buch ... ?
Womöglich hätte der umtriebige Geiger und fleißige Komponist Romberg sich gar nicht mit dem Werk befaßt, wenn nicht Johann Friedrich Reichardt im Jahre 1782 aus eigenem Antrieb eine oratorisch brauchbare Textauswahl getroffen hätte, die dem jüngeren Kollegen die mühevolle Lektüre des gesamten Messias erspart hat. Dieser bediente sich der Blütenlese und schrieb dazu eine Musik, die sich schwer beschreiben läßt, weil sie irgendwo zwischen den Zeiten und Stilen segelt. Mal scheint sie, insbesondere bei den Ecksätzen, noch ganz im Barock eines Händel festzustecken. Dann wieder wird einem so recht empfindsam zumute, weil es Romberg gelungen ist, die rhythmischen Besonderheiten der Sprache in äußerst subtile Rezitative zu gießen, bei deren Wiedergabe die vorzüglich gewählte Solistenriege die Gefahr umschifft, allzu tief ins breiige Sentiment des Dichters zu verfallen. Dazu kommen einige wunderbar stimmungsvolle Instrumentalbilder und orchestrale Delikatessen, die sich nicht nach einmaligem Hören abnutzen, wovon ich mich in bisher drei kompletten „Sitzungen“ gern überzeugt habe – und so lautet mein Fazit: dass wegen dieses Oratoriums die Musikwelt zwar nicht aus den Fugen geraten wird, dass es sich dabei doch um eine kleine Entdeckung handelt. Eine Motivation, sich nunmehr durch den ganzen Klopstock zu arbeiten, entsteht daraus freilich nicht. Die Musik genügt sich selbst.
Rasmus van Rijn [21.04.2008]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Andreas Romberg | ||
1 | Der Messias (Oratorium nach Auszügen aus der Dichtung von Friedrich Gottlieb Klopstock) |
Interpreten der Einspielung
- Veronika Winter (Sopran)
- Markus Schäfer (Tenor)
- Bernhard Scheffel (Tenor)
- Immo Schröder (Tenor)
- Rheinische Kantorei (Chor)
- Das Kleine Konzert (Orchester)
- Hermann Max (Dirigent)