Hungaroton HCD 32538-39
2 CD • 2h 22min • 2007
15.04.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Die Clemenza di Tito, die auf ein Original-Libretto von Pietro Metastasio zurückgeht, kennt auch der gebildete Musikfreund im allgemeinen nur in der Version von Mozart (1791), die einen späten Gipfelpunkt der Gattung Opera seria darstellt. Der Stoff erfreute sich im Zeitalter der Aufklärung besonderer Beliebtheit, nicht weniger als 46 verschiedene Fassungen sind bekannt, einige stammen von Größen des damaligen Musiklebens wie Hasse, Gluck, Jommelli, Traetta, Anfossi und Myslivecek. Baldassare Galuppi (1706-1785) war schon ein reifer Mann und hoch angesehener Komponist, als er 1760 seine Version für die Karnevalssaison in Venedig schuf. Es war seine 65. Oper, aber von Müdigkeit ist in der Partitur nichts zu spüren.
Anders als Mozart, der sich den Metastasio-Text von Caterino Mazzolà gründlich umgestalten ließ und dabei viele Arien und Rezitative durch dramatisch pulsierende Ensembles ersetzte, folgte Galuppi – mit einigen Abweichungen - der originalen Vorlage. Das erstaunt insofern, als er auf dem Gebiet der Opera buffa ja ein bahnbrechender Neuerer war, der mit seinen ausgedehnten „Ketten-Finali“ als ein direkter Vorläufer von Mozart gelten kann.
Doch Mozart im Falle des Tito gegen Galuppi auszuspielen, wäre unfair, denn der Italiener arbeitet sich mit großem Ingenium an der Endlosschleife von Rezitativen und Dacapo-Arien ab, ohne dabei in pure Handwerklichkeit oder gar Formelhaftigkeit abzudriften. Im Gegenteil: Seine musikalische Einfallskraft wirkt schier unerschöpflich, er versteht es – insbesondere in den Arien Vitellias und Sestos – Figuren und Situationen individuell zu charakterisieren, ihre Gefühle und Handlungen dramatisch plausibel zu machen, wobei er den jeweils begleitenden Solo-Instrumenten eine bedeutende Rolle zuweist.
Fabio Pirona, der mit dem auf Originalinstrumenten spielenden Savaria Baroque Orchestra schon mehrere Galuppi-Opern eingespielt hat (so dass man schon von einem Zyklus sprechen kann), musiziert auch bei dieser Gelegenheit wieder mit Wärme und der notwendigen Geschmeidigkeit, dabei mit Sorgfalt im Detail. Die sängerischen Leistungen halten den orchestralen Standard nicht immer. Vor allem Zoltán Megyesi als Tito und Andrea Meláth als Sesto, beide mit klangschönem Material ausgestattet, können die Stärke einzelner Szenen nicht durchgehend halten und forcieren an exponierten Stellen. Mónika Gónzalez, eine Stütze des Zyklus, wäre mit ihrem grazilen lyrischen Sopran besser für die Rolle der Servilia geeignet gewesen. Dass Vitellia auch eine machtgeile Schlampe ist, kommt in ihrer Gestaltung, in der die enttäuschte Geliebte betont wird, etwas zu kurz. Auch ist der stimmliche Kontrast zur Servilia von Zita Váradi, die ihre Arien artig exekutiert, nicht stark genug. Der Gesang des Countertenors Barnabás Hegyi bereitet nur mäßiges Plaisir, Tamás Kóbor singt die Cameo-Rolle des Publio mit seinem leichtgewichtigen Tenor solide.
Ekkehard Pluta [15.04.2008]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Baldasare Galuppi | ||
1 | La clemenza di Tito (Oper in 3 Akten) |
Interpreten der Einspielung
- Zoltán Megyesi (Tito, römischer Kaiser - Tenor)
- Mónika González (Vitellia, Tochter des Kaiser Vitellius - Sopran)
- Zita Váradi (Servilia, Sestos Schwester - Sopran)
- Andrea Meláth (Sesto, Titus' Freund, in Vitellia verliebt - Mezzosopran)
- Barnabás Hegyi (Annio, Sestos Freund, Servilias Geliebter - Countertenor)
- Tamás Kóbor (Publio, Präfekt - Tenor)
- Savaria Baroque Orchestra (Orchester)
- Fabio Pirona (Dirigent)