Challenge Classics CC72189
1 CD • 59min • 2007
17.04.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Ohne, dass der Einführungstext näher darauf eingehen würde, verfolgt dieses schöne Album offenkundig die Idee, Wiener klassische Stücke mit lebensweltlichem Bezug zu vereinigen. Sowohl das Thema Bäuerlichkeit, also ein an sich kindgerechtes populäres Sujet, wie auch das Thema Kindheit werden in diesen klassischen Werken von Vater und Sohn Mozart behandelt: Wolfgangs Sinfonie Es-Dur KV 16 stammt noch aus Kindertagen, seine Klaviervariationen KV 265 verarbeiten ein auch bei Kindern bekanntes und vielgesungenes Weihnachtslied, und die Cassatio ex G seines Vaters Leopold wurde schon vor Generationen als Kindersinfonie berühmt. Das Thema dieses Albums lautet also, merkwürdigerweise unausgesprochen, „Kindheit“ und für seine Bewertung ergibt sich so ganz folgerichtig die Frage, ob denn auch die Interpretationen kindlich, also natürlich, frisch und einigermaßen experimentierfreudig ausgefallen sind.
Besonders eindeutig läßt sich diese Frage beantworten, wenn man die Spielart der frühen Es-Dur-Sinfonie Wolfgangs in der hier vorliegenden Fassung Ton Koopmans neben diejenige Nikolaus Harnoncourts hält. Rein äußerlich ist Vergleichbarkeit schon dadurch herstellbar, dass beide Dirigenten seit langen Jahren mit historischen Instrumenten musizieren lassen; und doch, wie unvereinbar, ja geradezu widersprüchlich fallen die Versionen aus! Denn Harnoncourt wählt als Leiter des Concentus Musicus Wien eine so gemächliche, geradezu aufreizend mit Verzögerungen und Zäsuren aufwartende Gangart, dass er zwar aufregende artikulatorische und dynamische Modifikationen anbringen kann, aber ansonsten eher den Charakter einer etwas überraschenden Melancholie vermittelt – als ob das Kind traurig sei. Ton Koopman Tempi hingegen sind lebendig, ohne dass sie je ungestüm oder hektisch würden; das Amsterdam Baroque Orchestra ist darüber hinaus so überlegen ausgeglichen registriert, dass zwar nicht der frappierende Reichtum von Artikulationen Harnoncourts erreicht wird, das musikalische Geschehen gleichwohl stets flexibel bleibt. Gerade im langsamen Satz Andante ist das Tempo so genau einjustiert, dass einerseits die verhangene Stimmung getroffen, andererseits auch ein möglicherweise einkomponierter Leerlauf vermieden wird. Gerade in den beiden Werken Leopold Mozarts, der Bauernhochzeit und dann der Kindersinfonie, stellt sich dann jedoch die Frage, ob das exotische Instrumentarium, die Ratschen, Pfeifen und Vogelstimmen nicht mit etwas mehr lärmendem Übermut, quasi kindlicher Lust am Spektakulären, ausgestellt werden könnten; Koopman präsentiert das Unernste eher nonchalant als zirzensisch.
Prof. Michael B. Weiß [17.04.2008]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Leopold Mozart | ||
1 | Sinfonia mit Dudelsack und Drehleier (Die Bauernhochzeit) | 00:14:29 |
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
6 | Gallimathias musicum KV 32 | 00:03:32 |
7 | Zwölf Variationen über Ah, vous dirai-je, Maman C-Dur KV 265 KV 300e | 00:14:23 |
8 | Sinfonie Nr. 1 Es-Dur KV 16 | 00:04:23 |
Leopold Mozart | ||
11 | Cassatio ex G (Mit der Kindersinfonie) | 00:15:51 |
Interpreten der Einspielung
- Tini Mathot (Fortepiano)
- Amsterdam Baroque Orchestra (Orchester)
- Ton Koopman (Dirigent)