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Besprechung CD

Coviello Classics COV 20713

3 CD • 3h 10min • 2007

19.11.2007

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 7
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Christoph Willibald Gluck - nimmt er in der Musik etwa jene Stelle ein, die Klopstock in der Literatur besitzt? Berühmt, hochgeehrt, doch wenig gelesen bzw. gehört. Fest steht, daß der Opernkomponist Gluck gegenüber Händel, auch gegen Vivaldi beträchtlich ins Hintertreffen geraten ist. Vier, fünf Stück von seinen rund fünfzig Opernschöpfungen können als bekannt gelten - aber wie sieht es mit dem Rest aus, mit den vielen, vielen großen Opern nach antiken Themen, den Tragödien und Lustspielen? Lohnt sich’s nicht, den unbekannten Schatz zu heben, oder hat man es hier mit Voreingenommenheit zu tun? In Erinnerung sind die abfälligen Äußerungen Nikolaus Harnoncourts über Gluck. Wenn solche Autoritäten ihr Machtwort sprechen, bleiben die Folgen meistens nicht aus. Am besten, man verschafft sich ein eigenes Urteil, und dazu bietet die Erstaufnahme von Glucks Ezio gute Gelegenheit, zugleich kann die Novität als Zeichen einer erfreulichen Pro-Gluck-Aktion begrüßt werden. Das 1750 für Prag komponierte dreiaktige dramma per musica (eine weitere Fassung entstand 1763 für Wien) beruht auf einem Libretto von Pietro Metastasio, der für die Barockoper eine ähnliche Bedeutung hatte wie Eugène Scribe für die Oper des 19. Jahrhunderts. Gewiß wird bei Ezio (der auch von Porpora, Händel, Jomelli und noch von einem guten Dutzend weiterer Komponisten vertont wurde) das Mechanische, das Fertigteil-System der barocken Opernkunst offenbar: ein Zyklus von weit ausgesponnenen Arien, die meisten nach dem Schema A-B-A verfertigt, die ebenso langen Rezitative und das Ausbleiben einer eigentlichen dramatischen Aktion. Die Vorgänge um den Triumph, um den durch Intrige herbeigeführten Sturz, schließlich um die glückliche Rehabilitierung des römischen Feldherrn Ezio (Aetius) spiegelt sich nur in langen Arien und Rezitativen wieder. Glucks Oper beginnt mit einer dramatisch bewegten sinfonia, es folgen einundzwanzig Arien, ein Marsch, ein Chor und am Ende des zweiten Aktes als Überraschung - ein Terzett, ganz ungewöhnlich in der opera seria. Selbstverständlich erfordert das Zuhören Geduld, aber die Mühe lohnt sich: Ezio enthält Musik von hoher Qualität, von unerschöpflicher Vielfalt und einem weiten Panorama der Empfindungen.

Die Neue Düsseldorfer Hofmusik unter Andreas Stroehr hat sich dem unbekannten Werk mit Liebe und Respekt genähert und bringt eine abgerundete, in allen Teilen beeindruckende Wiedergabe zustande. Es ist ein Vergnügen, dem vollen Klang des Orchesters und den vielen instrumentalen Solostellen zu lauschen. Einige Probleme gibt es bei der Besetzung der Vokalpartien, denn Ezio ist eine ausgesprochene Kastratenoper. Der intrigante Kaiser Valentiniano und der Kriegsheld Ezio werden hier – nach derzeit üblicher Methode – von Altus-Sängern dargestellt. Max Emanuel Cencic und Matthias Rexroth sind Virtuosen auf diesem Gebiet, sie beherrschen ihre Stimmen mit Stil und Kultur, außerdem zeichnen sich beide Organe durch wohltönenden Klang aus, was bei dieser extremen und unnatürlichen Stimmlage nicht oft der Fall ist. Weniger glücklich sind die Damenrollen besetzt: Mariselle Martinez (als erotischer Mittelpunkt Fulvia) und Netta Or (als Onoria, Schwester des Kaisers) beherrschen zwar die Technik des barocken Gesanges einwandfrei, ihre Stimmen klingen jedoch oft unfrei und eingezwängt. Sicher spielt da der Umstand mit, daß Gluck diese Partien in einer äußerst unbequemen Lage (wahrscheinlich ebenfalls für die Kastratenstimme) notiert hat. Für alle übrigen Mitwirkenden gilt ein Pauschallob. Für das Kapitel „Oper auf Schallplatte“ stellt diese Aufnahme eine außergewöhnliche Bereicherung dar.

Clemens Höslinger [19.11.2007]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Christoph Willibald Gluck
1Ezio (Opera seria in drei Akten)

Interpreten der Einspielung

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