cpo 777 091-2
2 SACD • 1h 43min • 2006
14.05.2007
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Grundlage dieser Aufnahme ist die Einrichtung der Johannes-Passion, wie sie Robert Schumann 1851 den Düsseldorfer Musikfreunden vorsetzte, die das Werk bis dato noch niemals gehört hatten. Daß diese Premiere zeitbedingt nicht im Bachschen Originalklang vonstatten gehen konnte, versteht sich: Gewisse Instrumente gab es einfach nicht (mehr), andere waren aus der Mode gekommen, wieder anderes mochte mit dem klanglichen Empfinden des Romantikers ein wenig im Widerstreit oder ganz einfach auch abseits aktueller gesangsstimmlicher Möglichkeiten liegen ...
Was Schumann im einzelnen vorgenommen hat, um dieses grandiose Drama auf die Bühne und ans Publikum zu bringen, erklärt das sehr informative, daher lesenswerte Beiheft und es soll an dieser Stelle nicht nachgebetet werden. Es genügt zu sagen, daß nicht gerade gewaltige strukturelle Eingriffe vorgenommen wurden und daß man das Resultat der Bearbeitung nicht als eine „Verromantifizierung“ wird bezeichnen dürfen. Beeindruckend ist vielmehr und vor allem, wieder einmal eines jener wundersamen Phänomene zu erleben, für die zwischen „Himmel & Erde” so viel Platz ist: zu spüren nämlich, wer dieses geniale Werk vor 150 Jahren in Händen gehalten hat. Ich fühle hier die unverstellte Bach-Begeisterung Schumanns, seine ganz persönliche Entdeckung, die sich bereits in Fugen und ähnlichen Produkten niedergeschlagen hatte, ich fühle, wie in ihm der Sinn für große, neue Oratorien geschärft und wie er in den Bann eines kompositorischen Denkens jenseits aller modischen Erscheinungen geraten ist.
Das alles ist mir wichtiger als die Tatsache, daß die vorliegende Veröffentlichung mit der gefährlichen Akustik im Kloster Knechtsteden zu kämpfen hat und daß sie nicht an allen solistischen Pulten völlig gleichwertig besetzt ist (mir gefallen Jan Kobow als Evangelist und Clemens Heidrich mit den Christusworten am besten). Die dramatische Realisation gelingt, und das zählt: Wem es hier bei Mich dürstet und Es ist vollbracht nicht kalt den Rücken hinunterläuft, dem ist auch mit der Aufzählung historischer Fakten nicht beizukommen.
Es ist also mehr die stille Überraschung, der man sich vorbehaltlos aufschließen sollte, um ihre ganze Tragweite empfangen zu können: So delikat und sparsam sich Schumann in den Zutaten zeigt, so sehr ist in jedem Takt der Enthusiasmus (wörtlich!) gegenwärtig, der ihn befeuerte. Das macht das eigentliche Verdienst dieses Lehrstücks aus und erklärt die etwas merkwürdige Bewertung.
Rasmus van Rijn [14.05.2007]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
0 | Johannes-Passion BWV 245 (Fssg. von Robert Schumann) |
Interpreten der Einspielung
- Veronika Winter (Sopran)
- Elisabeth Scholl (Sopran)
- Gerhild Romberger (Alt)
- Jan Kobow (Tenor)
- Ekkehard Abele (Bass)
- Clemens Heidrich (Bass)
- Rheinische Kantorei (Chor)
- Das Kleine Konzert (Orchester)
- Hermann Max (Dirigent)