Michael Gielen
Bartók

SWRmusic 93.184
1 CD • 64min • 2006, 2005
16.10.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Am Anfang von Bartoks Der holzgeschnitzte Prinz wähnt man sich in Wagners Rheingold: Mehr als drei Minuten dauert es, bis der anfängliche, stehende Dur-Glanz nach leichteren Trübungen endgültig aufgegeben wird. Ausgesprochen schade, daß anstelle des ganzen Ballettes nur die kürzere, 24-minütige Suite gegeben wird, angesichts derer das Vorspiel von den Proportionen her zu lang wirkt. Dabei stürzt sich Gielen, soweit man das bei diesem eher rational-nüchternen Dirigenten sagen kann, mit für ihn erstaunlich großer Leidenschaft in diese wilde, kühne Partitur Bartoks, der man zwar ihre Nähe zu Strawinsky anhört (Der Sacre wurde im gleichen Jahr 1913 uraufgeführt), die aber gleichwohl echt ungarisch im Tonfall ist. Eine fantastische, ausgezeichnet durchhörbare Aufführung, tontechnisch vorzüglich eingefangen.
Leider kann das oft bemühte Orchesterkonzert nicht ganz mithalten: der Gesamtklang ist kühler, und auch charakterlich scheint die Interpretation nicht bis ins Letzte ausgefeilt: Das Spiel der Paare (Tr. 9) ist beispielsweise zu dick aufgetragen und vielleicht eine Spur zu zügig; das Intermezzo interrotto (Tr. 11) wird etwas zu sehr abgespult, und auch in der Schlußsteigerung bleibt einem nicht gerade vor Begeisterung das Herz stehen. Insgesamt nimmt Gielen das Werk recht straff; bei derart viel Drive bleiben manche Schönheiten unterbelichtet. Der Bewertungsversuch versteht sich als Durchschnitt einer 10 für den Prinzen und einer 7 bis 8 für das Konzert für Orchester, sowohl klanglich wie auch künstlerisch.
Dr. Benjamin G. Cohrs [16.10.2006]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Béla Bartók | ||
1 | Der holzgeschnitzte Prinz op. 13 Sz 60 (Große Suite aus dem Tanzspiel in einem Akt) | 00:24:15 |
8 | Konzert für Orchester BB 123 Sz 116 | 00:39:40 |
Interpreten der Einspielung
- SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg (Orchester)
- Michael Gielen (Dirigent)