Sibelius
Pekka Kuusisto

Ondine ODE 1074-5
1 CD/SACD stereo/surround • 64min • 2006
21.07.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
»Zauberhaft« ist sicher nicht das erste Epitheton, das sich bei Nennung des Namens Jean Sibelius aufdrängt: Was man von ihm wirklich kennt, ruft eher nach Begriffen wie »unendlich« und »überwältigend«. Doch es gibt ihn tatsächlich, diesen »bezaubernden« Sibelius. In seiner Klaviermusik beispielsweise, in den bei uns viel zu unterbelichteten Liedern – oder auch in den entzückenden Piecen, die der junge Pekka Kuusisto hier in solistisch-dirigentischer Personalunion mit der Tapiola Sinfonietta vorstellt: Die beiden Serenaden op. 69, die Suite für Violine und Streichorchester op. 117 (das letzte numerierte Werk des Meisters überhaupt), vor allem aber die zweimal drei Humoresken op. 87 und op. 89 (mit der authentischen Orchesterbegleitung) können einen so richtig schwärmen lassen über den »anderen« Ton des Mannes aus Järvenpää, über seinen exquisiten Humor, über den filigranen Silberstift, mit dem er hier seine Linien gezogen, seine zarten, huschenden Akzente gesetzt und in kleinsten Formen zusammengefügt hat.
Staunen darf man gleichermaßen über die kunstvolle Interpretation dieser beglückenden Stücke. Pekka Kuusisto spielt mit einem verhältnismäßig dünnen Ton, ganz anders, als man’s von jemandem erwarten sollte, der auch das grandiose Violinkonzert im Repertoire hat – doch gerade, weil er nicht ausstreicht, als wollte er eine Butterbemme schmieren, erzeugt er jene schier unglaublichen Nuancen von naiv verspielter Eleganz bis zu fahler, geisterhafter Friedhofskühle (mitunter klingt es in den Humoresken, als geigte Freund Hein sich eins zwischen Gräbern und Grüften).
Eine köstliche Dreingabe beschließt das Programm: die Suite aus der 1908 entstandenen Bühnenmusik zu August Strindbergs Schwanenweiß, die sich nicht nur chronologisch an die fünfte Sinfonie anschmiegt, sondern vielmehr auch ganz handfeste thematische Bezüge aufweist. Sieben Sätze hat Sibelius in seinem Opus 54 zusammengefaßt. Den Auftakt bildet der seltsame »Pfau«, der radschlagenderweise immer und immer wieder seinen monotonen Ruf – ein penetrantes »Böh!» – heraustutet: Da sage mir niemand, dem Komponisten hätte es keine Freude gemacht, ein Stück um diese sture Repetition herum zu schreiben und dazu das Schnabelklappern des eitlen Vogels mit Kastagnetten zu markieren.
Nicht verhehlen will ich, daß ich auch der Autorin des kurz-informativen Einführungstextes einen erhellenden Moment verdanke. Von Symbolismus, so schreibt sie mit kokettem Augenaufschlag, sei immer die Rede, „wenn ein Erwachsener wirre Märchen für Erwachsene schreibt.” August Strindberg mag das mit seinem Schwanenweiß ja gelungen sein, die Musik von Jean Sibelius jedoch ist einfach nur wieder einmal märchenhaft und gewiß nicht wirr – die ganze Produktion eine herbstliche Romanze, in die man sich still und leise, aber dauerhaft verliebt.
Rasmus van Rijn [21.07.2006]
Anzeige
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Jean Sibelius | ||
1 | Humoresque d-Moll op. 87 Nr. 1 für Violine und Orchester | |
2 | Humoresque Nr. 2 D-Dur op. 87 Nr. 2 für Violine und Orchester | |
3 | Humoresque Nr. 3 g-Moll op. 89 Nr. 1 für Violine und Orchester | |
4 | Humoresque Nr. 4 g-Moll op. 89 Nr. 2 für Violine und Orchester | |
5 | Humoresque Nr. 5 Es-Dur op. 89 Nr. 3 für Violine und Orchester | |
6 | Humoresque Nr. 6 g-Moll op. 89 Nr. 4 für Violine und Orchester | |
7 | Serenade D-Dur op. 69 Nr. 1 für Violine und Orchester | |
8 | Serenade g-Moll op. 69 Nr. 2 für Violine und Orchester | |
9 | Suite d-Moll op. 117 für Violine und Streichorchester | |
10 | Schwanenweiß op. 54 (Konzertsuite) |
Interpreten der Einspielung
- Tapiola Sinfonietta (Orchester)
- Pekka Kuusisto (Violine, Leitung)