cpo 777 096-2
3 CD • 3h 15min • 2003
03.01.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Hugo Riemann nennt in seinem altehrwürdigen Opernlexikon (1887) nicht weniger als acht Vertonungen des Tito Manlio-Librettos von Matteo Noris, wobei Vivaldis Version (1719 für Mantua) gar nicht mitgezählt ist. Die Geschichte aus dem alten Rom handelt vom Konsul Titus Manlius, der seinen Sohn wegen Ungehorsams hinrichten lassen will. Da aber Manlius junior ein glorreicher Feldherr ist, wird er durch einen Volksaufstand aus dem Kerker befreit und vom Zenturio Decius mit einem Lorberkranz gekrönt. Dadurch erlangt er den Rang der Göttlichkeit und bleibt dem grausamen Urteilsspruch des Vaters entzogen.
Dieser junge Manlius ist die Hauptperson des Stücks, und wie in barocken Opern üblich, trillert und zwitschert dieser Kriegsheld in lieblichsten Flötentönen wie Nachtigall. Die Sopranistin Elisabeth Scholl erfüllt die verschwenderisch ausgestaltete Kastratenrolle des Manlius mit wunderschönen Soprantönen, sie läßt uns den Kummer des Gefangenen, zu Tode Verurteilten, ebenso auch das Frohlocken über die unverhoffte Rettung fühlbar miterleben. Selbst der engagierteste Pazifist muß diesen entzückenden Kriegsmann gern haben. Da auch allerlei Liebes-Verwicklungen in die Handlung einfließen, sind es insgesamt acht Personen, die an dieser langen, dreiaktigen Oper beteiligt sind. Die Rollen sind mit gut geschulten, frischen Stimmen besetzt, die sich mit Eifer und Können für dieses Fundstück aus der barocken Operwelt verwenden. Alle Beteiligten, die Vokalisten wie die Instrumentalisten, erweisen sich als vollkommen firm in der Stilistik der „Alten Schule“. Und der barocke Musik-Krösus Vivaldi bietet mit seinem Tito Manlio wieder einmal Anlaß zu Staunen und Bewunderung. Ohne vom Schema der Opera seria abzuweichen, offenbart sich in den gut dreißig Arien ein unglaublicher Reichtum an musikalischen Ideen, Formen und Farben. Allein die begleitenden Soloinstrumente – darunter Viola d’amore, Flöte, Oboe, Horn – bringen immer wieder ein belebendes Fluidum ins Spiel. Die langen Rezitative können freilich beim Zuhören leicht zu Ermüdung führen, aber mittels Knopfdruck kann man sich leicht davon befreien und sozusagen von Arie zu Arie springen. Die sorgfältig edierte cpo-Aufnahme vom Opera Barga Festival 2003, eine Co-Produktion mit dem Westdeutschen Rundfunk Köln, beschert ein musikalisches Erlebnis von höchster Eindrücklichkeit. Zu kritisieren bleibt nur, daß es keine biographischen Angaben über die mitwirkenden Künstler gibt.
Clemens Höslinger [03.01.2006]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Antonio Vivaldi | ||
1 | Tito Manlio RV 738 (Dramma per musica, 1719) |
Interpreten der Einspielung
- Sergio Foresti (Tito Manlio - Bass)
- Elisabeth Scholl (Manlio - Sopran)
- Nicki Kennedy (Lucio - Sopran)
- Rosa Dominguez (Vitellia - Mezzosopran)
- Lucia Sciannimanico (Servilia - Mezzosopran)
- Thierry Grégoire (Decio - Alt)
- Davide Livermore (Geminio - Tenor)
- Bruno Taddia (Lindo - Bariton)
- Modo Antiquo (Ensemble)
- Federico Maria Sardelli (Dirigent)