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Besprechung CD zum Thema
Jung verstorbene Komponisten

Juan Crisóstomo de Arriaga

String Quartets

Naxos 8.557628

1 CD • 69min • 2003

28.12.2005

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 7
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Mit seiner ersten großen Veröffentlichung, dem Premier Livre des quatours, Paris 1824, gelang dem Spanier Juan Crisóstomo de Arriaga ein vielversprechendes Debüt als Komponist. Als ein Schüler von Fétis am Pariser Conservatoire hatte Arriaga sich offenkundig praktisch mühelos den damals akademisch erlernbaren Stand des Komponierens erarbeitet. Tragischerweise starb Arriaga so früh, daß es bei diesem Versprechen blieb. Obwohl mit den drei Streichquartetten dieses Ersten Quartettbandes des 18-jährigen bereits reife, vollgültige Werke vorliegen, läßt sich an ihnen nur erahnen, zu welchen Wundern Arriaga vielleicht noch in der Lage gewesen wäre. Stilistisch schwanken die Quartette zwischen einer gemäßigten Klassizität und einigen interessanten idiomatischen Übereinstimmungen zum späten Schubert. Gerade im ersten Quartett d-Moll scheint man verfolgen zu können, wie Arriaga nach einer Bestandsaufnahme des klassischen Stils sukzessive zum für ihn gegenwärtigen Stand der Frühromantik vorstößt.

Ein für ihn charakteristisches Hauptmerkmal ist ein an wenigen, aber genau gesetzten Punkten sich überschäumend äußerndes Temperament innerhalb des ansonsten rationalen Idioms. In solchen Temperamentsausbrüchen offenbart sich eine Feurigkeit des Komponisten, die sich wahrscheinlich voll ausgebildet hätte – hätte er nur länger gelebt als gerade einmal die zwanzig Jahre, die ihm vergönnt waren. Vor allem wegen dieser sich bei Arriaga zeigenden Verbindung von rationaler Arbeit und explosivem Temperament scheint es gerechtfertigt, ihn – wie das in diesem schiefen Vergleich oft geschehen ist – als „spanischen Mozart“ zu sehen. Die Übereinstimmungen enden hier jedoch schon.

Dem kurz skizzierten Changieren zwischen dem älteren klassischen und dem neueren frühromantischen Idiom wird die feinsinnig intonierende Camerata Boccherini sehr gut gerecht. Die Camerata kann sich an den erwähnten Stellen, an denen Arriagas Temperament ausbrechen zu scheint, zu einer belebten und schlagkräftigen Homogeneität bündeln. Wenn sich die Entwicklung gleichsam fast selbst ins Wort zu fallen scheint, wie etwa in der Überleitung zur Reprise im ersten Satz des d-Moll-Quartetts, „Allegro“, kann auch durchaus einmal ruppig gespielt werden, aber immer noch innerhalb der Bahnen einer gepflegten und geschmackvollen Klassizität. Damit ist die Camerata Boccherini weit entfernt von den rohen Brutalitäten mancher gegenwärtiger Interpreten, die vorklassische oder klassische Musik einseitig und gewaltsam allein aus dem artikulatorischen und dynamischen Kontrastprinzip heraus auffassen.

Die Klangqualität ist vielleicht ein wenig monochrom, direkt und trocken, dafür sind alle, auch feinste Entwicklungen sehr plastisch abgebildet. Die deutsche Übersetzung des Beiheftes enthält übrigens, anders im Originaltext, einen Flüchtigkeits-Fehler: Arriagas Streichquartette wurden nicht etwa erst posthum 1924 veröffentlicht, sondern eben bereits 1824, also noch zu Lebzeiten.

Prof. Michael B. Weiß [28.12.2005]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Juan Crisóstomo de Arriaga
1Streichquartett Nr. 1 d-Moll (1823)
2Streichquartett Nr. 2 A-Dur (1823)
3Streichquartett Nr. 3 Es-Dur

Interpreten der Einspielung

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