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Besprechung CD

harmonia mundi HMC 901850.51

2 CD • 2h 06min • 2004

14.12.2005

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 7
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 7

Als der 30jährige Krieg endlich zu Ende gegangen war, und damit an eine Restauration des öffentlichen Lebens – nicht zuletzt auch des Musiklebens –, überhaupt erst wieder zu denken war, war Heinrich Schütz nach seinem eigenen Verständnis bereits in seine letzte Lebensphase eingetreten. Mit der 1650 publizierten dritten und letzten Sammlung von Symphoniae sacrae meinte er, die Summe seines künstlerischen Lebens vorgelegt zu haben – tatsächlich sollte er, der ein biblisches Alter erreichte, jedoch noch mehr als zwanzig Jahre leben.

Beide Aspekte, der endlich wieder möglich erscheinende Wiederaufbau des Musiklebens sowie die Vorstellung eines kompositorischen Testaments, sind dem großartigen dritten Teil der Symphoniae sacrae abzulesen: Einerseits hat Schütz eine Klangpracht erreicht, die ein früheres Gegenstück allenfalls in den venezianisch inspirierten Psalmen Davids von 1619 hat – wenngleich Schütz, durch die Verwüstungen des Krieges vorsichtig geworden, die Stücke auch so anlegte, daß sie durch eine deutlich reduzierte Besetzung ausführbar waren; andererseits verschmilzt Schütz die alten wie die neuen Errungenschaften hier zu einem unvergleichlich reichen kompositorisch-technischen Spektrum.

Konrad Junghänel, der mit den Ensembles Cantus Cölln und Concerto Palatino bereits seine Schütz-Kompetenz bewiesen hat, wählt die volle Besetzung: Zu den obligaten Favorit-Chören treten stets auch die „Complementum“-Chöre. Junghänel bekennt sich somit zur Pracht, und wer die prominente vokale wie instrumentale Besetzung von Konzerten und Aufnahmen her kennt, wird Geschmack und technische Vollkommenheit erwarten – und auch erhalten. Sämtliche Stimmen treten in unaufgeregten Tempi in unendlicher Transparenz zusammen, immer wird perfekt intoniert. Leider stellt sich beim Hören der ganzen Sammlung – Schütz’ Abwechslungsreichtum läßt den Hörer nie ermüden! – auch der Eindruck einer gewissen Tendenz zur Sterilität ein. Die Stimmen sind so weich und klangschön, die Instrumente so überlegen geläufig beherrscht, daß die Konzerte sich selbst zu gleich werden und sich somit Neutralität einstellt. Müßte nicht in den grandiosen Schlußentwicklungen von Vater unser SWV 411 oder Hütet Euch SWV 413 auch ein wenig von der qualvollen Mühe und Erschöpfung zu hören sein, in der der Krieg das damalige Deutschland zurückgelassen hat? Wenn man schon die von Schütz ad libitum vorgesehene Luxus-Fassung wählt, wieso wird dann nicht auch ein wenig Pracht, ja, ein wenig Großartigkeit aufgefahren? Alle Musiker, Sänger wie Instrumentalisten, könnten sicherlich noch weitaus kraftvoller musizieren.

Aber auch der Klangreichtum, die umwerfende instrumentale Phantasie des alternden Schütz kommt stellenweise zu kurz: Was etwa an Magie in dem Konzert SWV 415, Saul, Saul, was verfolgst du mich möglich ist, hat John Eliot Gardiner in einer seiner besten Aufnahmen aus der überhaupt für ihn sehr glücklichen diskographischen Periode der 1980er Jahre demonstriert: Bei Gardiner steigt der Name „Saul“ ganz grausig aus tiefsten Grabestiefen hervor – es wird ein Bild großer Furcht gegeben, wobei Gardiner schon viel aus dem reinen Klang des Namens „Saul“ macht. Junghänel geht, artikulatorisch kurz angebunden, über diese von Schütz auskomponierten Timbre-Schätze hinweg. So ist dies eine Gesamtschau auf hohem Niveau geworden, aber keine exzellente interpretatorische Tat.

Prof. Michael B. Weiß [14.12.2005]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Heinrich Schütz
1Symphoniae Sacrae III

Interpreten der Einspielung

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