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Besprechung CD zum Thema
Streichquartette

ECM 476 3052

1 CD • 49min • 2004

30.09.2005

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Ein erlesenes Booklet mit 32 großzügig-schön gestalteten Seiten (wer gönnt sich heute schon noch Seitenränder von bis zu zwei Zentimetern?), eine edel-serifenlose Type, stimmungsvolle Fotos ohne jedes textliche Beiwerk – das allein nimmt mich für diese Veröffentlichung ein, bevor ich auch nur einen Ton der Musik gehört oder etwa die begleitenden Worte gelesen habe. Unschwer ist zu erkennen, daß sich hier jemand weder von der rechenschieberischen Pfennigkalkulation hat irritieren lassen, die uns heute so viele Hauruck-Produkte beschert, noch sich auf das Niveau jener Bilderbüchlein hat herunterziehen lassen, aus denen uns neben mageren Sacherörterungen vierfarbig strahlende Stars und jubilierende Verherrlichungsdichtungen entgegentreten, die oft genug nicht halten, was die Verpackung verspricht.

Der nächste Pluspunkt – und noch immer sind wir nicht eigentlich bei der Musik angekommen – ist der vorzügliche Klangraum, in den die drei Streichquartettkompositionen gebettet sind wie Juwelen auf samtigen Grund. Doch nirgends wird diese Weite über den Punkt hinaus getrieben, wo man von Überakustik oder Donnerhall sprechen dürfte: Das klangliche Layout ist genauso fein abgestimmt wie der Satzspiegel aufs Papierformat. Und wie um die generöse Realisation auf die Spitze zu treiben, wird auch das Fassungsvermögen der CD bei weitem nicht ausgereizt – was nun aber schlicht daran liegt, daß die drei hier versammelten Werke des im Libanon geborenen Armeniers Tigran Mansurian trotz ihrer weithin getragenen Tempi nicht einmal fünfzig Minuten ergeben.

Es ist dies allerdings eine Zeit, die man sicherlich nicht vergebens aufwenden wird. Die beiden Quartette aus den Jahren 1983/84 und das einsätzig-miniaturistische Testament nehmen uns, wie der Textverfasser treffend formuliert, mit auf den „weiten Weg der Einfachheit”, auf eine durchaus zauberhafte, oft meditative Reise, in deren Verlauf sich die Frage, ob diese Musik neu oder alt sei, schon bald beantworten läßt: Sie ist auf eine köstliche Weise zeitlos, nicht aber nostalgisch im negativen Sinne, oft geradezu altklassisch in ihrer polyphonen Stimmführung und doch nicht von gestern. Lokalkolorit der armenischen Heimat fehlt fast völlig (wenn man von gewissen Akkordgängen absieht, die sogar Aram Chatschaturjan in seinen größeren Kreationen, beispielsweise dem langsamen Satz aus der Sinfonie mit der Glocke benutzte). Gelegentlich begegnen sich Mansurian und Schostakowitsch, was mir aber mehr die Folge eines ähnlich gelagerten Ausdruckswillens denn bewußt zitierender Andeutungen zu sein scheint. Erheblich näher dünkt mich Mansurian freilich einem früheren Meister des 20. Jahrhunderts (und ich wüßte zu gern, ob er ihn kennt): Schon bei der ersten Kontaktaufnahme kamen mir die drei Streichquartette von Jón Leifs in den Sinn, und beim wiederholten Durchgang hat sich dieser wundersame Konnex nur noch bestätigt – es muß ja wohl doch Schichten unter unseren Kulturen geben, von denen wir bis heute im besten Falle eine Ahnung haben.

Über die Interpretation des Rosamunde Quartetts ist ohne jede alternative Orientierungsmarke nur zu sagen, daß die vier Musiker es schaffen, den Hörer während des gesamten Programms bei der Stange zu halten: Ihre emotionale Beteiligung, ihr großzügiges Spektrum an Artikulationen – von knirschenden Rauheiten bis zur ätherischen Auflösung am Ende des zweiten Quartetts –, die erstaunliche Präzision nicht nur im rein technischen, sondern auch im geistigen Zusammenspiel machen diese ECM-Produktion zu einem Musterbeispiel für eine rundum schöne CD.

Rasmus van Rijn [30.09.2005]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Tigran Mansurian
1Streichquartett Nr. 1
2Streichquartett Nr. 2 (1984)
3Testament (2004)

Interpreten der Einspielung

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