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Besprechung CD

naïve V 5001

2 CD • 83min • 2003

19.05.2005

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 7
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Den Namen des Komponisten Domenico Alaleona (1881-1928) wird man selbst in einem besseren Opernführer vergebens suchen. Seine Oper Mirra, mit der er 1913 einen Wettbewerb gewann, die aber erst 1920 in Rom uraufgeführt wurde, verschwand trotz anfänglichen Erfolges (und dem Lob der renommierten Kollegen Puccini und Mascagni) bald in der Versenkung, aus der sie erst jetzt von Radio France wieder hervorgeholt wurde. Eine bemerkenswerte Ausgrabung, denn es handelt sich nicht nur um ein kulturgeschichtlich interessantes Zeitdokument, sondern auch um ein Stück lebendiges Musiktheater, das auch auf der heutigen Bühne seine Daseinsberechtigung geltend machen kann.

Das Sujet ist mythologisch. In den Metamorphosen des Ovid wird berichtet, wie sich die Königstochter Myrrha unsterblich in ihren Vater Kinyras verliebt, sich durch die List ihrer Amme mit ihm körperlich vereinigt und schließlich ihre Blutschande sühnt, indem sie sich von den Göttern in einen Baum verwandeln läßt, der ihren Namen trägt. Die Frucht der inzestuösen Verbindung, Adonis, wird aus der Rinde dieses Baumes geborgen.

Dieses harmonische Einswerden mit der Natur ist der tragischen Heldin in Vittorio Alfieris neoklassizistischem Drama Mirra (UA Paris, 1789), das der Oper zugrunde liegt, allerdings versagt. Sie gibt sich am Ende mit dem Dolch des Vaters selbst den Tod und läßt diesen voller Verzweiflung und Abscheu zurück.

Alaleona faßt das fünfaktige Drama in zwei durch ein längeres Intermezzo getrennte Akte zusammen, hält sich aber ansonsten eng an den Text, der sehr gut in die Décadence des Fin de siècle paßt. Wie sehr Pelleas et Melisande und Salome die italienische Oper der Zeit herausgefordert und irritiert haben, ist an Mirra mehr noch als an den neoromantischen Versuchen Mascagnis (Isabeau) zu studieren. Alaleona spielt virtuos auf der Klangpalette des spätromantischen Orchesters und schafft es, die nur schleppend vorwärts schreitende Handlung durch instrumentale Kommentare dramatisch aufzuladen. In der Führung der Singstimmen dominiert das Prinzip des „recitar cantando“. Durch geschickte Wechselwirkungen von Gesang und Orchester entsteht nirgends der Eindruck von Einförmigkeit.

Die konzertante Aufführung von Radio France zeugt von großem Engagement. Insbesondere das Orchesterspiel unter dem jungen slowakischen Dirigenten Juraj Valcuha verdient hohe Bewunderung. Es leistet wirklich eine Rehabilitation des vergessenen Komponisten. Ebensolches Lob gebührt der Primadonna Denia Mazzola-Gavazzeni, die sich hier ein weiteres Mal zur Anwältin wenig bekannter Werke macht und deren Auseinandersetzung mit der Rolle der Mirra eine intensive Beschäftigung verrät. Ihre Partner sind solide. Der Tenor Mario Malagnini als abgewiesener Bräutigam zeigt eine schöne Mittellage, wirkt aber in der Höhe angestrengt, dem Bariton Frank Ferrari fehlt es für die Vaterrolle an Ausdrucksprofil. Die beiden Mezzos haben als Mutter und Amme nur untergeordnete Funktionen.

Ekkehard Pluta [19.05.2005]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Domenico Alaleona
1Mirra (Oper in 2 Akten nach dem gleichnamigen Stück von Vittorio Alfieri)

Interpreten der Einspielung

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