Bach
Cantatas Vol. 8
Gardiner
Soli Deo Gloria SDG 104
2 CD • 2h 25min • 2000
22.02.2005
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Mitten in seinem großangelegten Projekt der Aufführung sämtlicher überlieferter Kirchenkantaten von Johann Sebastian Bach anläßlich der 250. Wiederkehr des Todesjahres des Thomaskantors ging der Plattenfirma, der John Eliot Gardiner seit über 20 Jahren die Treue gehalten hatte und die als selbsternannter Marktführer in Sachen Klassik auch für dieses monumentale Vorhaben Unterstützung zugesagt hatte, die Luft aus: Sie sagte ihre weitere Teilnahme an der „Bach Pilgrimage“ ab. Das war ein schwerer Rückschlag für die künstlerisch einzigartige, doch wirtschaftlich gewagte Unternehmung, die mit Konzerten in ganz Europa auf Einnahmen aus der Veröffentlichung auf CD angewiesen war. John Eliot Gardiner entschloß sich zu einem mutigen Schritt, mit dem schon der Amsterdamer Kollege Ton Koopman auf die brüske Beendigung seiner Gesamtaufnahme der Bach-Kantaten durch Warner Classics reagiert hatte: Er gründete ein eigenes Label, unter dem die Dokumente seiner Pilgerreise zu dem einzigartigen Kantatenwerk Johann Sebastian Bachs der musikliebenden Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Mit dem Labelnamen Soli Deo Gloria wurde das Motto gewählt, das Bach an den Schluß seiner Partituren zu setzen liebte.
Zwei Kantaten der vorliegenden Doppel-CD seien als Vergleichspunkte gewählt, die eine Einordnung von Gardiners Jubiläumsprojekt in den Kontext moderner Bach-Interpretation ermöglichen: Liebster Gott, wann wird ich sterben? und Jauchzet Gott in allen Landen. Sie sind in der Gegensätzlichkeit ihrer Affekte hervorragend geeignet, die Position Gardiners in der zeitgenössischen Szene der Interpreten des Riesen-Œuvres von Johann Sebastian Bach einigermaßen gerecht zu bestimmen.
Als Vergleichseinspielung zu Liebster Gott, wann wird ich sterben? bietet sich die Einspielung von Philippe Herreweghe mit seinem Collegium Vocale (HMC 901659) an: Der innige Dialog zwischen der gläubigen Seele und Gott, der auch in existenziellen Grenzsituationen Hoffnung zuspricht, ist bei Herreweghe in einer derart überzeugenden Weise gestaltet, daß Gardiners zurückhaltendere Interpretation bei interpretationstechnischem Gleichstand zurückbleibt. Hört man indes Jauchzet Gott in allen Landen im Vergleich mit der Einspielung von Christine Schäfer und der Musica Antiqua Köln unter Leitung von Reinhard Goebel (DG 459621-2), fällt gerade das entgegengesetzte Verhältnis zwischen den Deutungen auf. Wo Malin Hartelius gemeinsam mit dem Ensemble in eine technisch außerordentlich fordernde tour de force gehen kann, versinkt die gewiß nicht weniger versierte Christine Schäfer in Reinhard Goebels übereilten Tempi, die eigentlich nicht schneller, aber unbarmherziger sind als bei Gardiner.
So positioniert sich Gardiner mit seinen neuesten Beiträgen zu Bachs Kantaten in der Mitte der gegenwärtig aktuellen Interpretationsansätze und präsentiert mit einer insgesamt schön eingefangenen Konzertatmosphäre ein beachtliches Ergebnis.
Detmar Huchting [22.02.2005]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Warum betrübst du dich, mein Herz? BWV 138 (Kantate) | |
2 | Was Gott tut, das ist wohlgetan BWV 99 (Kantate) | |
3 | Jauchzet Gott in allen Landen BWV 51 (Kantate) | |
4 | Was Gott tut, das ist wohlgetan BWV 100 (Kantate) | |
5 | Komm, du süße Todesstunde BWV 161 (Kantate) | |
6 | Wer weiß, wie nahe mir mein Ende BWV 27 (Kantate) | |
7 | Liebster Gott, wann werd ich sterben BWV 8 (Kantate) | |
8 | Christus, der ist mein Leben BWV 95 (Kantate) |
Interpreten der Einspielung
- Malin Hartelius (Sopran)
- William Towers (Altus)
- James Gilchrist (Tenor)
- Peter Harvey (Baß)
- Katharine Fuge (Sopran)
- Robin Tyson (Altus)
- Mark Padmore (Tenor)
- Thomas Guthrie (Baß)
- The Monteverdi Choir (Chor)
- The English Baroque Soloists (Orchester)
- Sir John Eliot Gardiner (Dirigent)