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Besprechung CD

Naxos 8.557386-87

2 CD • 61min • 2003

04.02.2005

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 7
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Bei aller gebotenen Zurückhaltung im Gebrauch von Superlativen wird man Pendereckis lateinisches Polnisches Requiem als das Zentralwerk aller Totenklagen des 20. Jahrhunderts mit weitreichender Ausstrahlung in das gegenwärtige, noch junge 21. Jahrhundert hinein ansehen müssen. Ebenso ungewöhnlich wie seine religiös bekenntnishafte Wirkung bei sinnvollem Gebrauch aller modernen, dennoch „klassischen“ Instrumentierungskünste und progressiven Stilmittel ist die Entstehungsgeschichte des oratorischen Mammutwerkes. Komponiert in der weitgehend traditionellen liturgischen Anordnung einer katholischen Totenmesse sind die einzelnen Teile des Penderecki-Requiems zu jeweils unterschiedlichen Gedenktagen polnischer Leidensgeschichte entstanden. Dennoch bilden sie nun in ihrer Großform eine geschlossene Einheit und basieren auf einem offensichtlich langfristig konzipierten Gesamtplan.

So entstand 1980 das Lacrimosa (CD 1, Tr. 10) zum Gedächtnis an die zehn Jahre zuvor bei den Freiheitsdemonstrationen der Danziger Werftarbeiter von der Staatsmacht getöteten Solidarnocs-Anhänger Lech Walesas. 1981 folgte das Agnus Dei (CD 2, Tr. 2) zum Gedenken an den sich für die gleichen Ziele religiöser und politischer Selbstbestimmung einsetzenden Kardinal Wyszynski, 1982 das Recordare unter Einbeziehung des alt-polnischen Hymnus Swiety Boze (CD 1, Tr. 8) anläßlich der Seligsprechung des Paters Maximilian Kolbe. Dieser Priester hatte 1941 in Auschwitz für einen anderen Gefangenen und dessen Familie sein Leben geopfert. 1984 komponierte Penderecki dann das aufrüttelnde Dies Irae (CD 1, Tr. 3) zum 40. Jahrestag des Warschauer Aufstandes gegen die NS-Unterdrückung, damit vorläufig seine Arbeit an dem Werk unterbrechend. Immer wieder münden brutale Marschrhythmen, Peitschenhieben vergleichbar, Seufzerfiguren und Klagerufe in Gebete und Bitten um Erbarmen, salvum me fac propter misericordiam tuam (CD 2, Tr. 5). Glockenklänge oder die einsame Stimme eines ausgedehnten Klarinettensolos und ein unterschwellig tonales Dur-Moll-Gerüst lassen Trost und Erlösung von allen Übeln durchscheinen.

Von dieser „1984er“-Werkfassung entstand unter der Leitung des Komponisten noch im gleichen Jahre eine CD-Aufnahme bei der Deutschen Grammophon mit international besetzten Solisten, den Chören des Bayerischen und Norddeutschen Rundfunks und dem NDR-Sinfonieorchester. Von dem erst 1993 vollendeten Gesamtwerk, das damals beim Stockholmer Penderecki-Festival seine Uraufführung erlebte, wieder unter der Leitung von Penderecki, liegt nun die hier zu würdigende, nicht minder aufrüttelnde und spektakuläre erste Gesamtaufnahme unter der Stabführung von Antoni Wit vor. Wenn da im Sinne einer Rezension überhaupt von Einschränkungen gesprochen und geschrieben werden kann, dann sind es der alle funktionellen Ausmaße eines kirchlichen Hochamtes sprengende Umfang der Komposition und seine außergewöhnlich große Orchesterbesetzung als eine der bisher umfangreichsten Partituren Pendereckis mit vierfach verstärkten Holzbläsern, großem Blechregister mit sechs Hörnern und großer Schlagwerkergruppe. Naturgemäß erfordert dies einen entsprechenden Streicherapparat und eine proportional große Chorstärke.

Damit entzieht sich die Aufführungsmöglichkeit jedem gottesdienstlichen Rahmen, aber auch die Transparenz jeder Aufnahme- und Wiedergabetechnik stößt an ihre Grenzen. Nichtsdestotrotz spricht die formale Geschlossenheit für sich, getragen von religiöser Inbrunst des Werkes, durchpulst von einer packend und überzeugend mit allen modernen Klangmitteln zum Ausdruck gebrachten, bildhaft erklärenden, eschatologischen Textdeutung. Dies gilt um so mehr, als diese nunmehr rein polnische Dokumentation in der Interpretation, an persönlicher Betroffenheit, qualitativer Umsetzung und Aura nichts schuldig bleibt. Die beigefügte, instruktive Werkerläuterung von dem Penderecki-Kenner Richard Whitehouse (in einer guten deutschen Übersetzung von Cris Posslac) hätte auch eine Übersetzungshilfe für die Künstlerinformationen und alle vertonten Texte verdient.

Dr. Gerhard Pätzig [04.02.2005]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Krzysztof Penderecki
1Ein polnisches Requiem

Interpreten der Einspielung

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